PERRY-RHODAN-Kommentar 2411


DURCHBRUCH NACH HANGAY


Die Grenze von Hangay umgibt in rund 30.000 Lichtjahren Distanz zur Hangay-Hauptebene die gesamte Sterneninsel – grob betrachtet eine abgeflachte Kugel von etwa 180.000 Lichtjahren Durchmesser und einer Dicke oder Höhe von 60.000 Lichtjahren. Bei den Friedensfahrern wurde hierfür der Ausdruck Grenzwall Hangay geprägt. Dabei gehen sie davon aus, dass die (hyper-)physikalischen Hindernisse (noch) nicht in ganz Hangay bestehen, sondern lediglich diese »Außenhülle« unpassierbar machen, deren Dicke meist nicht einmal 100 Lichtjahre beträgt, wie sich inzwischen herausgestellt hat.

ESCHER hatte zunächst ein sechsdimensionales Modell der Außenhülle Hangays hochgerechnet, kombiniert aus den Ortungsresultaten der Friedensfahrer sowie Mondra Diamonds Karte. Wie sich dann beim Vorstoß zeigte, bestätigte sich die Theorie weitgehend in der Praxis. Entlang der gesamten »Mantelfläche« von Hangay ist die Struktur des Hyperraums unterbrochen und vom übrigen Hyperkontinuum »getrennt«.

Die Bereiche, die im Grenzwall selbst liegen, sind für konventionelle oder auch Hightech-Triebwerke nicht zu passieren – mit Ausnahme zahlreicher kleiner Stabilzonen, die nach wie vor in eng begrenztem Umkreis normale physikalische und hyperphysikalische Bedingungen bieten und überall im Grenzwall vorhanden sind. Sie durchmessen mitunter nur wenige Lichtsekunden, entstehen für die Dauer von einigen Minuten bis zu einer Stunde und verändern permanent wandernd ihre Position. Zwischen den Stabilzonen erstrecken sich Verbindungslinien gleicher Physik; Korridore oder regelrechte Schneisen, die bei entsprechender Kenntnis des richtigen Bewegungsvektors zum Raumflug genutzt werden können. Genau das tun die Truppen der Terminalen Kolonne beim Einflug – die Raum-Zeit-Router versorgen sie mit dem passenden Kursmaterial.

Da die Stabilzonen überdies jeweils um den eigenen »Schwerpunkt« rotieren, bildet nach ESCHERS Modell jede der Zonen ein Phänomen aus, das an eine dreidimensionale Spirale erinnert. Auch die »Spiralarme« sind zum Raumflug nutzbar – sie sind jedoch zu kurz, um als Verbindung von Stabilzone zu Stabilzone zu dienen. Von zentraler Wichtigkeit ist dabei, dass eine Fortbewegung mit geringer Geschwindigkeit erfolgen muss. Egal, ob Korridore, Schneisen oder die dreidimensionalen Spiralformationen – eine Nutzung mit zu großem Bewegungsimpuls bringt die physikalisch fragilen Strukturen unverzüglich zum Zusammenbruch – und das unabhängig davon, ob der Linearraum oder der Hyperraum als Fortbewegungsmedium verwendet wird. Es muss langsam und behutsam geschehen.

Fest steht auch, dass der Grenzwall nicht von Billiarden Projektorstationen erzeugt wird, sondern dass es sich um einen (hyper-) physikalischen Effekt der entstehenden Negasphäre selbst handelt. Die Wissenschaftler der BURTON gehen davon aus, dass im Bereich des Grenzwalls die Raum-Zeit-Struktur selbst in kleine separate Raum-Zeit-Zellen zu einem »Diskontinuum« zergliedert ist und sich in permanenter, nicht vorhersagbarer Bewegung befindet. Hinzu kommt, dass auch das Psionische Netz im Grenzwall Hangay verändert und ge- oder unterbrochen ist – verbunden mit dem Phänomen, dass die Vitalenergie der Raumfahrer quasi in diese Lücken »abfließt«.

In Hangay selbst ist es nicht mehr möglich, geradeaus zu fliegen. Und selbst das gilt nicht überall mit gleicher Zuverlässigkeit, sondern kann von Sektor zu Sektor, von Stunde zu Stunde unterschiedlich ausfallen. Je länger die Etappe dauert, desto größer ist die statistische Abweichung vom Kurs, desto mehr Einheiten eines Verbands sind im Durchschnitt betroffen. Die Parapositronik interpretiert diese Inkonsistenzeffekte als Zeichen einer inhomogen veränderten Raum-Zeit-Struktur: Hangay ist mit dem übrigen Standarduniversum nicht mehr »korrekt verbunden«, das GESETZ hat hier nicht mehr seine volle Gültigkeit. Die Phänomene werden zweifellos im Lauf der Jahre zunehmen, je länger die Genese der Proto-Negasphäre dauert – und zwar vermutlich mit exponentiell steigender Rasanz!

Die Galaxis selbst ist in einen Innere und eine Äußere Zone aufgeteilt, auch Kern- und Außenzone genannt. In der Außenzone ist weitgehend normaler Raumflug möglich, mit den bekannten Einschränkungen der Inkonsistenzeffekte als Zeichen einer inhomogen veränderten Raum-Zeit-Struktur. Die Kernzone mit ihrem Durchmesser von (derzeit!) wenigen hundert Lichtjahren ist allerdings von einem ähnlichen Grenzwall eingekapselt wie die Gesamt-Galaxis. Über das Innere der Kernzone liegen noch keinerlei Erkenntnisse vor.

Einzelne, über die gesamte Außenzone Hangays verteilte Raumgebiete sind seit einigen Monaten in zunehmendem Maß unpassierbar geworden – die Proto-Chaotischen Zellen!

Rainer Castor