PERRY-RHODAN-Kommentar 2373


STRANGENESS-ANPASSUNG


Als Payne Hamiller die von Kalup und Waringer formulierte Theorie der parallelen Universen fortführte, stieß er beim von ihm entwickelten »Relationenmodell der Kontinua« auf eine zunächst unerklärliche Variable. Sie wurde für die Beschreibung von höherdimensionalen Objekten, Zuständen und Vorgängen benötigt, weil diese ohne die Variable unvollständig blieb, sich allerdings aus der »Hamillerschen Algebra« von selbst ergab. Dem Phänomen, das die Variable beschrieb, gab Hamiller den Namen »Fremdartigkeit« – Strangeness.

Schwierigkeiten bereitete ihm jedoch das Verhalten der Variablen, weil sie sowohl die Zahl als auch die Aussagekraft der Lösungen in unvorhersehbarer Weise beeinflusste. Hamiller bezeichnete dieses Verhalten als symodal, weil die Variable »mit zur Verhaltensweise des Lösungsausgangs« beitrug. In Hamillers Berechnungen nahm die symodale Variable einen zwischen 0 und 1 liegenden Wert an, wobei dem Standarduniversum der Wert 0 zugeordnet war, während die Paralleluniversen in ihrer »Fremdheit« umso weiter »entfernt« waren, je mehr sie sich dem Extremwert 1 annäherten. In das übergeordnete Kontinuum des Multiversums sind demnach Myriaden Paralleluniversen mit jeweils eigenem konstanten Strangeness-Wert eingebettet. Ein absoluter Wert der Strangeness lässt sich nicht definieren, nur Strangeness-Unterschiede können messtechnisch bestimmt werden.

Der auf Physis und Psyche eines Lebewesens beim Übertritt von einem Universum in ein anderes einwirkende Strangeness-Schock führt in der Regel zu mehr oder weniger langer Bewusstlosigkeit, eventuell Gedächtnisverlust und psychischen Schäden: Da jedes Objekt und jedes Wesen eines bestimmten Universums auch dessen Strangeness-Wert hat, materialisiert es im anderen Kontinuum als Fremdkörper. Die mit der unterschiedlichen Strangeness und ihrer Angleichung verbundenen Strangeness-Effekte sind meist mit ultrahochfrequenter Hyperstrahlung und ihren sechsdimensionalen Komponenten verbunden, die auf die Bewusstseine von Lebewesen irritierend, desorientierend oder lähmend wirken sowie konventionelle wie hyperphysikalische Technik stören oder ausfallen lassen.

Diese mit der Angleichung verbundene »Brems«-Strahlung ist analog der bläulichen, von schnellen Partikeln in einem Medium erzeugten Cerenkov-Strahlung zu sehen – auch vergleichbar dem Überschallknall, wenn sich Flugzeuge oder andere Körper schneller als der Schall fortbewegen. Erstmals genauer beobachtet wurde diese Bremsstrahlung beim KLOTZ, Zitat aus PR-Computer 1313:

... er verwirrt das Psionische Feld im Umkreis von zehn Lichtstunden, und jedes organische Wesen, das sich ihm zu nähern sucht, gerät in geistige Verwirrung. Niemand kommt bis auf weniger als vier Lichtminuten an den KLOTZ heran, ohne den Verstand zu verlieren. (...) Der KLOTZ, so stellt sich heraus, ist ein intensiver Strahler, und zwar liegt seine Emission im Bereich der ultrahochfrequenten Hyperenergie, in der Gegend also, die gewöhnlich als psionische Energie bezeichnet wird.

(...) Warum emittiert er Hyperstrahlung mit solcher Intensität? Der Antwort kommt Waringer erst geraume Zeit später auf die Spur. Er stellt fest, dass der von null verschiedene Wert der Strangeness des KLOTZES sich allmählich dem Nullwert nähert. Der KLOTZ ist offenbar im Begriff, sich der Umgebung des Standarduniversums anzupassen. Der KLOTZ wird gebremst, und zwar von einem Strangeness-Wert ungleich null herab auf null.

Mehr Analogie braucht Geoffry Waringer nicht. Die vom KLOTZ ausgehende Hyperstrahlung ist ein unmittelbares Resultat des Bremsvorgangs. Der Bezug zur klassischen Physik liegt auf der Hand: Gebremste Elektronen geben Strahlung von sich, in diesem Fall elektromagnetische. Das Wort »Bremsstrahlung« hat in seiner deutschen Urform auch Eingang ins Amerikanische gefunden.

Aus der Analogie entwickelt Waringer eine Theorie. Jedes Universum betrachtet sich selbst als den idealen, durch einen Minimalgehalt an Energie gekennzeichneten Zustand. Alles, was von außen kommt und eine von null verschiedene Strangeness mit sich führt, wird auf den Minimalzustand abgebremst und gibt während der Bremsung Energie ab – im Falle des KLOTZES in Form psionischer Energie. (...) Geoffry Waringer ist einen Schritt weiter in der Deutung der Vorgänge, die sich im ultrahochfrequenten Bereich des hyperenergetischen Spektrums abspielen.

Eine Strangeness-Anpassung ist vor allem stets eine zeitaufwändige Angelegenheit, weil sich die »Abbremsung« nicht beschleunigen oder sonst wie beeinflussen lässt – nicht einmal von der Terminalen Kolonne TRAITOR.

Rainer Castor