Schon die Charon-Wolke, die nur mit der Hilfe der Charonii und ihrer Strukturaugen durchquert werden kann, ist alles andere als ein angenehmes Pflaster. Quasi eins drauf setzt allerdings das Goldene System im geometrischen wie hyperphysikalischen Zentrum der Wolke. Während bei den anderen Systemen und planetenlosen Sonnen ein Bereich von rund zwölf Milliarden Kilometern Durchmesser nicht von Strukturgestöber erfüllt ist, sind es beim Goldenen System nur etwa sechs Milliarden Kilometer.
Hinzu kommt, dass der ungefährliche Bereich am Rand des Systems nur eine dünne Grenzschicht ist: Außerhalb tobt das »normale« Strukturgestöber, das alles zermalmt, innerhalb erfüllen hyperphysikalische Felder mit ungeahnten Feldstärken den Raum, verbunden mit Effekten, die starken Hyperstürmen keineswegs nachstehen.
Hauptproblem ist hierbei der beträchtliche Anteil an UHF- und SHF-Strahlung, die bei hoher Intensität auf Bewusstseine desorientierend oder lähmend wirkt sowie konventionelle wie hyperphysikalische Technik stört oder ausfallen lässt. Da »Strangeness-Effekte« mit UHF-Strahlung verbunden werden, kann hier auch umgekehrt formuliert werden: bei intensiver UHF-Strahlung muss mit Strangeness-Effekten gerechnet werden ...
Die normalphysikalischen Bedingungen geben ebenfalls keineswegs Anlass zum Jubel. Fast das gesamte System ist von ungewöhnlichen Staubwolken und -ballungen erfüllt, die zum Teil Dichten erreichen, die sogar die so genannter Globulen als Vorstufen von Protosternen deutlich übersteigen – bis zu mehreren hundert Kilogramm pro Kubikkilometer. Was sich im Vergleich zu einer planetaren Umgebung auf den ersten Blick als extrem gering anhört, ist dennoch für interstellare Verhältnisse ein beachtlicher Wert.
Globulen sind – obwohl sie nur eine Dichte in der Größenordnung von rund E-21 Gramm pro Kubikzentimeter erreichen – rund 100- bis 1000-mal dichter als »normale« Dunkelwolken. Wer da ein Raumschiff mit den sonst üblichen Geschwindigkeiten hineinsteuert, darf sich über den Zusammenbruch sämtlicher Schutzschirme nicht wundern – sollten sie angesichts der übrigen Bedingungen überhaupt funktionieren.
»Eigentlich« hätte der von Atlan Gold genannte Rote Riesenstern – eine Sonne mit dem Spektraltyp M1 III und einem Durchmesser von 52 Millionen Kilometern, die bereits in die letzte Phase ihres Lebens eingetreten ist –normalerweise spätestens im Zuge der Aufblähung den Nahbereich von Staub und Gas »freigeblasen« haben müssen, doch dem war nicht der Fall. Werden der Rote Riese und sein einziger Planet für sich allein betrachtet, mag das Goldene System durchaus normal wirken. Aber weder die Staubmassen noch die übrigen in die Tausende gehenden Himmelskörper sind Produkte einer normalen Sterngenese.
Fast alle Umlaufbahnen der Asteroiden und Planetoiden sind so stabil, dass sie weder drohen, dem Goldenen System zu entweichen, noch in die Sonne zu stürzen oder mit dem Planeten zu kollidieren. Die Beobachtungsdaten lassen hier wenig Spielraum: Entweder wurden die Umlaufbahnen der Objekte künstlich beeinflusst und stabilisiert – oder aber der Zerstörungsprozess, der zur Entstehung der Trümmer führte, traf ausschließlich Objekte mit stabilen Umlaufbahnen.
Die Quellen des schon erwähnten beträchtlichen Anteils an UHF-Strahlung können von den mit dem Kantorschen Ultra-Messwerk arbeitenden Experten aus dem Ortungswust als superhochfrequente »Glanzlichter« isoliert werden, deren Standorte mit den Asteroiden im System identisch sind. Zwar hat nicht jeder Asteroid einen der so genannten SHF-Hotspots, aber jeder befindet sich auf oder in einem der Himmelskörper – mit einer Einschränkung: Auf dem einzigen Planeten befindet sich kein solcher SHF-Hotspot.
Wie sich herausstellt, markieren die SHF-Hotspots allesamt Fundstellen des geheimnisvollen Salkrit. Zweifellos haben sich die meisten Himmelskörper um das Salkrit gebildet und es wie Hülsen einer Frucht eingehüllt. Ausgehend davon, dass seinerzeit schon zahlreiche dieser Fundstellen im Auftrag der Schutzherren ausgebeutet wurden, gibt es heute zwangsläufig Himmelskörper ohne SHF-Hotspot.
Zum Zeitpunkt der jetzigen Bestimmung sind insgesamt exakt 26.544 dieser Punkte über das gesamte Goldene System verteilt. Ihr gemeinsames Kennzeichen ist die bei etwa 6 mal 1015 Kalup beginnende SHF-Strahlung, bei der mit wachsender Hyperfrequenz auch die Intensität steigt. Das Maximum liegt hierbei allerdings oberhalb der Messgrenze des Kantorschen Ultra-Messwerks von 8,45 mal E+15 Kalup bei einem unbekannten Wert.
Rainer Castor