PERRY-RHODAN-Kommentar 2302


DIE SIGANESEN UND SIGA (I)


Viele der heute mit der Liga Freier Terraner assoziierten Welten und Reiche gehörten – ebenso wie die außerhalb der eigentlichen 5000-Lichtjahre-Kugel befindlichen LFT-Exklaven – schon zum Solaren Imperium oder wurden in der Zeit des zwischen 2115 und 2329 bestehenden Vereinten Imperiums besiedelt. Eine der ältesten Kolonialwelten ist Siga, der 10.251 Lichtjahre von der Erde entfernte zweite von vier Planeten der Sonne Gladors Stern, dessen Besiedlung mit dem Kolonistenraumer LEDA bereits 2003 begann.

Während die terranische Siedlungspolitik nach dem Zerfall des Vereinten Imperiums auf eine eher kompakte Struktur ausrichtet war und bevorzugt Welten bis zu einer Distanz von rund 2500 Lichtjahren umfasste, galten in den Anfängen andere Prämissen. Bedingt durch den Bluff der scheinbar vernichteten Erde fanden die ersten Besiedlungen auf Welten statt, die einerseits zwar bei Bedarf durch eine einzige Transition erreicht werden konnten, andererseits aber ausreichend weit entfernt waren, dass bei einer Entdeckung durch Raumer des Robotregenten von Arkon III kein direkter Hinweis auf die irdische Herkunft oder gar die Position Terras vorhanden war.

So erklärt sich, dass sich viele der zur ersten Besiedlungswelle zählenden Planeten wie Epsal, Plophos, Ertrus oder eben Siga in Entfernungen weit jenseits der späteren 5000-Lichtjahre-Kugel befanden. Die Aufbruchsstimmung und Expansion zur Zeit des Vereinten Imperiums wiederum nutzte die Möglichkeiten dieser friedlichen Zeit, in der sich auch viele Menschen auf Planeten niederließen, die zuvor zum Großen Imperium der Arkoniden gehört hatten oder gemäß den nun zugänglichen Arkonkatalogen als zur Besiedlung geeignet ausgewiesen waren.

Bevorzugtes Ziel waren aus verständlichen Gründen möglichst erdähnliche Planeten, die den Siedlern den gefahrlosen Aufbau ihrer neuen Heimat erleichterten und unnötige Emissionen unterbanden, wie sie in lebensfeindlichen Umgebungen zwangsläufig notwendig gewesen wären. Dennoch ließ es sich nicht vermeiden, dass die Welten trotz aller Vorabuntersuchungen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen – mitunter erst mit zeitlicher Verzögerung – wiederholt mit unangenehmen Überraschungen aufwarteten.

Auf Siga dauerte es beispielsweise 15 Jahre, bis sich die Auswirkungen eines zunächst rätselhaften Einflusses bemerkbar machten: Zu einem Zeitpunkt, da die Bevölkerung bereits rund 3,5 Millionen Personen umfasste, wurden im Herbst 2018 nach deutlich verlängerter Schwangerschaft zunächst acht und dann immer mehr Kinder geboren, die sich neben einer grünlichen Hautverfärbung vor allem durch ihren Zwergwuchs auszeichneten, obwohl sie ansonsten völlig gesund waren. Siga wurde unter Quarantäne gestellt und gehörte für dreißig Jahre zu den »verbotenen Welten«.

Alle Versuche, dem zwergenhaften Wuchs mit Medikamenten, Hormonen und anderen biologischen Mitteln entgegenzutreten, waren ein einziger Misserfolg gewesen. Auch die Aras, die Galaktischen Mediziner, hatten das Rätsel nicht lösen können (PR-Roman 149). Erst sehr viel später wurde herausgefunden, dass eine hyperphysikalische Strahlungskomponente von Gladors Stern – die im optischen Bereich offenbar auch den ausgeprägten Grünstich des Spektrums bewirkte – für das von Generation zu Generation fortschreitende Schrumpfen der Siganesen verantwortlich war.

Vor zweihundert Jahren soll es noch Siganesen gegeben haben, die deshalb verzweifelten. Man hatte sogar an das Verlassen unserer wunderbaren Welt gedacht, was ich persönlich als unsinnig empfinde. Mir ist es auch völlig gleichgültig, welche biochemischen oder biophysikalischen Vorgänge daran schuld sind, dass die Neugeborenen immer kleiner werden als ihre Eltern (Lemy Danger in PR 150).


Sicher war nur, dass die körperliche Verkleinerung mit einer gesteigerten Lebenserwartung von vielen hundert Jahren einherging, sich das optische Wahrnehmungsvermögen in den Infrarot- und UV-Bereich ausweitete, Siganesen als Ultraseher mikroskopisch kleine Objekte erkennen und als Ultrahorcher im Ultraschallbereich hören konnten. Hinzu kam eine so genannte Kompaktkonstitution, die im Vergleich bemerkenswerte Körperkräfte zur Folge hatte. Ein trainierter 20-Zentimeter-Mann konnte unter Standardgravitation 3,5 Meter weit springen und bis zu fünf Kilogramm stemmen.

Erreichten im 21. Jahrhundert geborene Siganesen noch fast einem Meter Größe, betrug sie im 23. Jahrhundert nur noch etwa zwanzig Zentimeter, während jene des 24. Jahrhunderts bei rund fünfzehn Zentimetern eine Lebenserwartung von tausend und mehr Jahren hatten. Im Gegenzug beanspruchte die Schwangerschaft 25 Jahre, die körperliche Reife war erst nach 50 Jahren erreicht.

Rainer Castor