PERRY-RHODAN-Kommentar 2297


GUT GEMEINT ...


Der Volksmund sagt durchaus zu Recht: »Das Gegenteil von gut ist gut gemeint

6.999.268 vor Christus kam es nach 898 Jahren Krieg zwischen den Superintelligenzen ES und STROWWAN zur Entscheidungsschlacht um die Kunstwelt Wanderer. Gut gemeint, bis zu einem gewissen Grad sogar »gut« im Sinne von erfolgreich war zweifellos das Eingreifen der beiden Nocturnenstöcke Satrugar und Antallin, wenngleich wohl auch von ziemlicher Verzweiflung motiviert. Sie nahmen jedenfalls ihre Anfälligkeit gegen ultrahochfrequente Hyperstrahlung in Kauf und wurden prompt von »geheimnisvollen Waffen« der Helfer STROWWANS attackiert, ehe es gelang, die feindlichen Horden in die Flucht zu schlagen.

Wanderer war gerettet und kehrte in den Hyperraum zurück. Aber während sich die flüchtenden Truppenteile STROWWANS zerstreuten, waren als wichtige potenzielle Ziele die Schutzherren-Dome von Tan-Jamondi II und Parrakh von ihrer Verteidigung entblößt. Antallin und Satrugar beschlossen – ebenfalls gut gemeint, aber bereits »angeschlagen« –, die dortigen Verteidiger gegen eventuelle Übergriffe zu verstärken. Beide Stöcke hatten in den Kampfhandlungen schwerere Schäden erlitten als anfangs bemerkt: Antallin stürzte auf Baikhal Cain ab, wo sich die mächtige Psi-Komponente vom Körper löste und später zum Grauen Autonom Ka Than wurde, während Satrugars Absturz auf Parrakh noch deutlicher machte, dass »gut gemeint« eben nicht ausreicht – zumal sich der gegenteilige Effekt durch die Handlungsweise des Schutzherrn Gon-Orbhon noch weiter aufschaukelte.

Das humanoide Kunstgeschöpf hatte außer seinem Namen keine weiteren Angaben zu seiner Person machen können, als es von der Schildwache Lyressea in einer Rettungskapsel treibend ohne Gedächtnis im Leerraum zwischen der Milchstraße und der Großen Magellanschen Wolke aufgefunden worden war. Inzwischen wissen wir, dass es in der XIX. Kosmität ausgebildet worden war, um gegebenenfalls als Kommandant eines Sporenschiffes für den Fall ersatzweise einspringen zu können, sollte einer der sieben Mächtigen versagen oder durch andere Umstände ausfallen. Doch statt an der Finalen Prüfung teilzunehmen, floh Gon-Orbhon vor einer möglichen Ablehnung – und verlor das in der Kosmität gewonnene Wissen und die damit verbundenen persönlichen Erinnerungen.

Gon-Orbhon hatte sich trotz seiner ungeklärten Herkunft als moralisch hoch stehend und überaus fähig erwiesen, so dass er binnen kürzester Zeit im Orden der Schutzherren Karriere machte. Beigetragen hatte dazu zweifellos die Gabe der Mental-Dislokation, die ihm gestattete, sein Bewusstsein vom Körper zu trennen und fremde Bewusstseine zu übernehmen. Diese Fähigkeit war jedoch nicht nur auf ein Bewusstsein beschränkt, sondern Gon-Orbhon konnte seinen Geist in beliebig viele und kleine Aktionsquanten aufspalten. Je kleiner diese Aktionsquanten waren, desto geringer war natürlich die Kraft, die sie ausübten, so dass ab einem gewissen Punkt eine weitere Aufsplitterung keinen Sinn mehr machte.

Diese Gabe nutzte der Schutzherr – er dislozierte sein Bewusstsein in so viele Aktionsquanten wie noch nie zuvor, brannte dabei aber psychisch mehr und mehr aus und verlor sich buchstäblich in dem Nocturnenstock. 6.999.265 vor Christus war der »gut gemeinte« Rettungsplan fehlgeschlagen, Gon-Orbhon in der zweifellos wahnsinnigen Satrugar-Komponente aufgegangen. Um nie wieder in eine derart akute Lebensgefahr zu geraten, wollte das »Wir« aus Satrugar und Gon-Orbhon mächtiger als alles werden, was sie bedrohen konnte – und das hieß nichts anderes, als eine Superintelligenz werden zu wollen. Aus dem verhinderten Sporenschiffskommandanten ohne Erinnerung und dem (größen-)wahnsinnigen Nocturnenstock war der »Gott Gon-O« geworden ...

Bald begann Gon-O, Splitter aus dem Leib Satrugars mit Raumschiffen auszusenden, an entferntere Orte, wohin seine mentale Potenz nicht gereicht hatte. Die bis zu einer Tonne schweren Quarzbrocken dienten ihm als paranormales Relais. Durch sie verstärkt, übte er seine Macht der Mental-Dislokation ebenso präzise und unerbittlich aus, als wäre er selbst an jenen Orten zugegen. Eine starke Basis entstand, ein Imperium, in dem Gon-O als Gott und Heilsbringer verehrt wurde. (PR-Roman 2267)


Damit nicht genug: Eine Abgesandter der Chaotarchen machte Gon-O mit Hinweis auf den immer noch geschwächten Zustand von ES auf den Psi-Korpus der verstorbenen Superintelligenz ARCHETIM aufmerksam, das »sechsdimensional funkelnde Juwel« in der Sonne des Planeten Talan, heute Terra – und ein Geschehen begann, dessen Folgen nun ihrem Höhepunkt entgegenstreben ...

Rainer Castor