PERRY-RHODAN-Kommentar 2288


EINE »NEUE« HYPERPHYSIK? (III)


In der hyperphysikalischen Praxis dienten Hilfskonstruktionen der Reduzierung auf »rein fünfdimensionale Parameter«. Ihre Behandlung oder Interpretation hing jedoch davon ab, wie es dem angetroffenen Phänomen am besten gerecht wurde, da die von den Arkoniden übernommene Hyperphysik rein phänomenologisch geblieben war, während sich auf der anderen Seite ein Modellbild hielt, das auf eine quasi nach oben offene Dimensionenleiter hinauslief und überdies noch zwischengeschobene »halbzahlige« Räume integrierte.

Halbraum oder instabile Librationszone, »normaler« fünfdimensionaler Hyperraum, Hypersexta-Halbspur oder Dakkarzone, die Sechste Dimension mit der Sextadimphysik, Septim-Parallelspur, die Siebte Dimension der Kelosker, im Zusammenhang mit den Koltonen schließlich sogar so genannte Gyshon-Dimensionsfalten auf der Basis von elfdimensionaler Energie, Verwirrung um die »negative Strangeness« und die Lösungsvielfalt bei der von Hamiller eingeführten symodalen Variablen, Sato Ambushs Pararealistik der parallelen Wirklichkeiten und viel Rätselraten hinsichtlich des UHF- und der noch höheren Bereiche des hyperenergetischen Spektrums, Eiris, Psi-Materie in ihren diversen Ausprägungen und einem wenig erforschten Potenzial, einsame »Inseln« wie Zuckerman-Spektrum, ÜBSEF-Konstante als »überlagernde Sextabezugs-Frequenz«, die Überlegungen eines Boris Siankow hinsichtlich »kontralogischer Wirklichkeitsstrukturen«, die Hypothese »variabler 5-D-Konstanten« von Riunald Taffo – Generationen von Forschern türmten Schicht auf Schicht, erweiterten hier, dann dort, bis das Ergebnis eher dem skurrilen Äußeren eines Posbi-Fragmentraumers glich, von einem vertieften Verständnis offensichtlich jedoch immer weniger die Rede sein konnte.

Da verwundert es genau genommen nicht, dass der marsianische Nexialist Boris Siankow zeit seines Lebens für seine mitunter obskuren Ideen und Theorien ebenso berüchtigt wie gefürchtet war. Zwar wuchs er mit der Zeit in die Rolle eines wichtigen Mitarbeiters Myles Kantors hinein, leistete auch Entscheidendes bei der Erforschung der Toten Zonen, des Hyperdim-Attraktors oder der Spindeln und der Spindelwesen, aber mit vielen seiner Thesen machte er sich weiterhin keine Freunde. Viele seiner Arbeiten blieben unvollendet, vage oder unausgegoren und verschwanden nach seinem Tod in der Schublade. Erst Tautmo Aagenfelt scheint erstmals das Material gesichtet zu haben, als er daranging, die nach ihm benannte Barriere zu schaffen; in seinem Nachlass fanden sich jedenfalls etliche Querverweise auf entsprechende Arbeiten Siankows. Aagenfelts Tod und die Ereignisse der Jahre 1303 und 1304 NGZ bedeuteten jedoch abermals eine Unterbrechung.

In den Jahren nach der Ausschaltung SEELENQUELLS hatte Humphrey »Blue« Parrot die Rolle des Hauptanwärters auf die Nachfolge Tautmo Aagenfelts als Chefwissenschaftler der LFT übernommen. Mit seinem »ewigen Assistenten« Sackx Prakma bildet er ein erstaunliches Team, dem es vorbehalten war, die von Siankow und Aagenfelt begonnene Arbeit fortzusetzen, wobei Erkenntnisse Payne Hamillers ebenso einflossen wie die Forschungen Igor Grigoroffs, die Pararealistik Sato Ambushs oder die auf Geoffry Abel Waringer zurückgehenden Daten der »waringer-files« – einschließlich des »updates«, das Aagenfelt an Bord der SOL während des Einflugs in den Kessel von DaGlausch erhalten hatte.

Andererseits wurde bereits in den 80er Jahren des 13. Jahrhunderts NGZ von Attaca Meganon, Kaha da Sceer, Boran Skarros und anderen auf Camelot der Hyperraum-Resonator entwickelt, mit dem sich »neue« übergeordnet-hyperenergetische Strukturen orten und unter optimalen Bedingungen sogar über mehrere Millionen Lichtjahre hinweg nachweisen ließen. Sie wurden nach Attaca Meganon als »Meganon-Faktor« umschrieben und ergänzten die Versuche Waringers, der erstmals um 430 NGZ das hyperenergetische Spektrum als Flächendiagramm zweidimensional darstellte, weil es Hyperkräfte und -wirkungen gibt, die sich, obwohl ihnen die gleiche Hyperfrequenz zugeordnet wird, in ihrer Wirkung dennoch grundlegend unterscheiden.

Mehr noch als früher ergibt seit dem Hyperimpedanz-Schock die gleichzeitige Kalup- und Hef-Bestimmung Werte, die nicht in direkter Korrelation zueinander stehen und eine Berücksichtigung des Meganon-Faktors erforderlich machen. In diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist auch, dass das Universum von psionischen Feldlinien durchdrungen ist. Diese stehen in enger Verbindung mit dem Moralischen Kode und den Psionischen Informationsquanten, den interaktiven Verbindungen der Kosmonukleotide untereinander und dem Multiversum insgesamt – ein weites Feld für eine »neue« Hyperphysik ...

Rainer Castor