PERRY-RHODAN-Kommentar 2268


GEISTWESEN UND DOME (I)


Als die Kosmokraten im Jahr 7.036.443 vor Christus in Ammandul den Orden der Schutzherren von Jamondi gründen ließen, sollte zweifellos eine Organisation vergleichbar den Rittern der Tiefe geschaffen werden. Möglich gar, dass längerfristig gesehen aus den Schutzherren tatsächlich Ritter der Tiefe geworden wären, weil in jener Zeit die schon seit vielen Jahrmillionen im Dienst der Kosmokraten befindlichen Porleyter zwar eine vergleichbare Funktion innehatten, jedoch keine Ritter im eigentlichen Sinne waren.

Die Voraussetzungen jedenfalls waren gegeben. In den Dom Rogan war ein von den Kosmokraten gesandtes Geistwesen eingegangen, das allein in der Lage war, den Schutzherren ihre besondere Aura zu verleihen. Es kam allerdings anders: Die Schutzherren wollten eigene Wege beschreiten, die Entität verließ den Dom, und damit endete zunächst seine Fähigkeit, neue Schutzherren zu weihen. Aus dem Bericht der Medialen Schildwache Lyressea ging nicht hervor, um wen oder was es sich bei dem ursprünglichen Geistwesen handelte. Fest steht nur, dass die Superintelligenz ES mit dem Paragonkreuz einen durchaus gleichwertigen »Ersatz« lieferte.

Als energetische (Korkenzieher-)Spirale von zwei Metern Höhe und einem Meter Durchmesser in Erscheinung tretend und als psionisches Feld umschrieben, verfügte es über eine bedrückende mentale Ausstrahlung. Als eine Art »Ableger« von ES war es ein kleiner Teil der eigenen Bewusstseinsessenz der Superintelligenz. Im Verbund mit den sechs Schildwachen konnte das Paragonkreuz fortan wieder Schutzherrenweihen durchführen und die Aura verleihen.

Das Paragonkreuz befand sich nach Aussage von Carya Andaxi zu dem Zeitpunkt, als die Schutzherrin untertauchte und den Schattenstaat Andaxi schuf, im Petaccha-System. Dieses wurde jedoch gleich zu Beginn der Eroberung des Arphonie-Haufens von den Kybb eingenommen. Seitdem hatte man vom Paragonkreuz nichts mehr gehört. Wie sich die Suche nach ihm gestaltet, schildert der Roman.

Wir wissen, dass es maßgeblich von den jeweiligen Randbedingungen abhängt, ob und wie der Sprung von der Begrenzung körperlich existierender Individuen hin zu einer geistigen Entität oder gar einem Kollektiv körperlos vernetzter Bewusstseine vonstatten geht. Das Ergebnis beinhaltet dann Dinge, die mit Begriffen wie ÜBSEF-Konstante, Zuckerman-Spektrum, Vitalenergie, »latentes Zhy« beim Dagor, Individualaura, Geist, Seele, Bewusstsein und dergleichen ebenso mangelhaft wie vielfältig umschrieben werden. In manchen Fällen wird die »immateriell-geistige« Entwicklung der Beginn sein, unter Umständen sogar ohne dass ein materiell-körperliches »Anhängsel« vorhanden ist.

Um Kontakt mit materiellen »niederen Lebensformen« aufnehmen zu können, bedienen sich diese Wesenheiten, die zumindest bis zu einem gewissen Grad außerhalb der konventionellen Raum-Zeit-Struktur des Standarduniversums stehen, »Gestalten« und »Anker«, die mehr oder weniger dauerhaft manifestiert werden. Mit Superintelligenzen ist beispielsweise »positive energetische Substanz paranormaler Natur« verbunden, »raumzeitliche Stabilisierungsenergie«, die ES Eiris nannte. Diese umfasst, wie die Rettung von ES durch die Zellaktivatoren gezeigt hat, in Teilaspekten einerseits die so genannte Vitalenergie, während andererseits ein mehr oder weniger intensiver Kontakt zum natürlichen psionischen Netz des Kosmos und somit zu den Kosmonukleotiden des Moralischen Kodes besteht.

Je »tiefer« etwas im Zwiebelschalenmodell angesiedelt ist, desto materieller und damit eingeschränkter scheint es zu sein, und desto weniger Bedeutung und Einfluss haben die immateriellen, mit Bewusstsein und Vitalenergie verbundenen Aspekte. Vor dem Hintergrund der mit höheren Wesenheiten gemachten Erfahrungen sind materielle Körper jedenfalls keineswegs die maßgebliche Instanz. Andererseits muss natürlich auch bei den geistigen Entitäten deutlich differenziert werden – reicht ihr Spektrum doch von Einzelbewusstseinen wie beispielsweise beim seinerzeitigen Parapoler Ernst Ellert über mächtige Wesenheiten vom Schlage der Superintelligenzen und vergleichbarer Geschöpfe bis hin zu den Kosmokraten und Chaotarchen selbst.

Was zeichnet die Entitäten, Bewusstseine, Geistwesen oder geistigen Essenzen aus, die bestimmten Orten wie zum Beispiel dem Dom Rogan auf Tan-Jamondi II ihr besonderes Flair und Fluidum verleihen? Ist es ihr besonderes mentales oder psionisches Potenzial? Die Tatsache, das hier nicht nur Materie, sondern eben dieses »darüber hinaus Gehende« angetroffen wird, das nicht mit den normalen Sinnen direkt zu erfassen, aber dennoch vorhanden ist? Oder spielt noch mehr hinein?

Rainer Castor