PERRY-RHODAN-Kommentar 2261


DIE KYBB-TITANEN


Noch halten sich unsere Kenntnisse über die Kybb-Titanen in Grenzen, weil in dieser Hinsicht nicht einmal der Bericht der Medialen Schildwache Lyressea sonderlich viel Aufschluss geben konnte. Fest steht allerdings schon jetzt, dass sie eine beachtliche Gefahr darstellen und keinesfalls unterschätzt werden dürfen.

Äußerlich sehen sie aus wie riesige fliegende, teils ausgefaserte, annähernd kugelförmige Zellen, verbunden mit dem Eindruck, dass sich die Oberfläche der Giganten permanent in Nuancen verändert. Die 16 bis 17 Kilometer durchmessenden Gebilde sind keineswegs exakt rund, sondern gleichen einem vielfach eingedrückten und deformierten Ball. Fortsätze, die mitunter Protuberanzen ähneln, kommen hinzu. Der Grundkörper erscheint dunkel, als absorbiere er Licht, während die Oberflächenstrukturen Licht schwach reflektieren und an hellen Schaum erinnern.

Im Inneren erweisen sich die Kybb-Titanen als extrem veränderliche, fast organismenhafte Gebilde. Sie sind in jeweils zehn unsymmetrische Sphären-Zonen unterteilt, unterschiedlich strukturierte, kammerartige Bereiche mit riesigem Rauminhalt, in deren Schwerelosigkeit ein Betrieb wie im Inneren eines Zellkerns herrscht. Unterschiedlichste Tätigkeiten finden statt, unterschiedlichste technische Umgebungen werden vorgehalten. Unglaubliche Mengen Gerätschaften schwirren herum, manche groß wie Häuserblocks, andere mikroskopisch klein und in Wolken. Manches ist Ultra-High-Tech, anderes besteht aus grobem Material, teils vielleicht sogar positronisch oder gar rein konventioneller Natur.

Zwischen alldem wimmelten beim Besuch der Schildwachen Geschöpfe – Androiden oder Kleinstroboter –, vielgestaltig und in emsiger, manchmal kaum mit den Augen zu verfolgender Hast. Wie Tagg Kharzani erklärte, handelte es sich hierbei um die Techniten, Konstrukteure und Arbeiter der Kybb-Titanen, aber auch hoch effiziente Waffenkonstrukteure. Zu Milliarden erfüllen diese »kybernetischen Organismen« die Sphären und können alle Technik in kurzer Zeit erschaffen, die benötigt wird – sei sie primitiv, sei sie hoch entwickelt. Ohne sie, betonte Kharzani, gäbe es keine funktionsfähigen Titanen.

Laut Tagg Kharzani wurden die ursprünglichen Beherrscher der Titanen vor langer Zeit getötet. Niemand kann sagen, wann das war, nicht einmal die Kybb. Diese versuchten schon während der Kriege zwischen Kyranghar und Amringhar, die damals verlassenen Titanen in Besitz zu nehmen. Aber die Techniten wandten sich zunächst gegen die Kybb, so dass die Titanen nie eingesetzt wurden. Ohne Tagg Kharzanis Hilfe hätten sie es wohl nicht geschafft, die Techniten in den Griff zu bekommen – so aber zogen die Kybb schließlich als neue Lenker unter seiner Führung ein ...

Mit ihren Techniten waren die Kybb-Titanen ideale Kämpfer gegen das Imperium Orbhon, da man auf diese Weise kein Leben im biologischen Sinn gefährdete, sondern nur Kyberneten einsetzte – bestenfalls Kunstgeschöpfe also, die von Gon-Orbhon auch nicht geistig übernommen werden konnten. Dass allerdings eine Beeinflussung des sie befehlenden Meisters in Gestalt von Tagg Kharzani selbst damit keineswegs ausgeschlossen wurde, ist ein anderes Thema, denn noch ist die Rolle des Verräters in den Reihen der Schutzherren alles andere als klar.

Handelte es sich wirklich um eine Beeinflussung? Gab es eine heimliche Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis? Berücksichtigen wir überdies die extrem technikfeindliche Haltung der auf der Erde vom »Gott Gon-Orbhon« beeinflussten Jünger, stellt sich die Frage, wie das zu der dieser Haltung völlig diametral entgegengesetzten Einstellung der Kybb-Völker und ihrer wahren Technikbegeisterung passt. Ist es nur Ausdruck der Vorbereitung, mit der Gon-Orbhon die Erde und das Solsystem »übernehmen« will? Oder steckt da viel mehr dahinter? Spielen hier vielleicht die noch ungeklärten Geheimnisse der Kybb-Titanen und ihre Herkunft hinein?

Noch müssen diese Fragen unbeantwortet bleiben. Genau wie jene, die sich auf die in den Titanen geschaffenen Motoklone beziehen. Erstmals gehört haben wir von ihnen in Lyresseas Bericht: Die Schildwachen hatten bei ihrem Besuch in einer der Sphären übereinstimmend eine nicht definierbare, in höchstem Maß erschreckende Ausstrahlung empfangen, als erwache dort ein »Monster«. Verbunden damit war die Aussage, dass dort der erste Motoklon erschaffen werde und keiner den Prozess stören oder unterbrechen dürfe – ohne zu erfahren, was unter einem Motoklon zu verstehen ist.

Das Vernichtungspotenzial der Kybb-Titanen ist jedenfalls erschreckend – und das lässt Schlimmes befürchten ...

Rainer Castor