Während im Roman geschildert wird, wie sich die Ereignisse im Hayok-Sektor und dem Sternenozean von Jamondi zuspitzen, wollen wir uns an dieser Stelle einmal näher mit der Hyperkokon-Einlagerung beschäftigen, die von der Superintelligenz ES vor sieben Millionen Jahren vollzogen wurde. Sie galt insgesamt sechzehn Gebieten, die maßgeblich in den damaligen Krieg mit Gon-Orbhon verwickelt waren.
Seit der Begegnung mit dem Cremashen Aago von Gem wissen wir, dass diese Einlagerung durch die Positionierung der Zapf- und Projektorstationen in den Spendersonnen erreicht wurde und erste Wächter – die sehr viel später von den »Oldtimern« abgelöst wurden – die Überwachung übernahmen.
Wer die Erbauer der Stationen waren, ist nach wie vor unbekannt. Sofern es nicht ES selbst und seine Möglichkeiten auf der Kunstwelt Wanderer waren, dürften mit einiger Wahrscheinlichkeit Wesen vom Schlag der Porleyter daran beteiligt gewesen sein. Vielleicht kam sogar genau aus diesem Grund die kosmokratische Fabrik GONDARAK hierher und blieb in der Großen Magellanschen Wolke – ein Gebilde, dessen Grundfläche 810 mal 1233 Meter misst und das mit den bizarren, an einigen Stellen bis zu 2100 Meter hohen Aufbauten an die kosmischen Burgen der Sieben Mächtigen erinnert (PR-Roman 1710).
Das Grundprinzip von »Miniaturuniversen« ist durch stationäre Halbraumblasen, wie sie beispielsweise die Lemurer einsetzten, oder die in den Hyperraum eingebetteten Para-Arsenale der Zeitkonditionierten seit langem bekannt. Dennoch stellt sich die Frage, ob sich hinter der lapidaren Umschreibung »Hyperkokon« nicht noch mehr verbirgt, weil sich die Abschottung bis zur Erhöhung der Hyperimpedanz und dem Ausfall der Stationen in den Spendersonnen als absolut ausbruchssicher erwiesen hat.
Möglicherweise ist die gleichzeitige Veränderung des Zeitablaufs im Inneren ein Hinweis darauf, dass wir es hier mit als sechsdimensional angesehenen Anwendungen zu tun haben, die zumindest in einem Fall auf durchaus ähnliche Weise von den Cappins zum Einsatz gebracht wurden.
Erinnert sei nämlich an das Gruelfin vorgelagerte, vom galaktischen Zentrum 84.562 Lichtjahre entfernte Morschaztas; eine kugelförmige »Kleingalaxis«, die bei einen Durchmesser von 696 Lichtjahren 132.516 Sterne umfasste. Sie wurde von den Ganjasen durch einen gigantischen Sextadim-Energieschirm für rund 200.000 Jahre im Hyperraum gehalten.
Die einwandfreie Funktion von 86 so genannter Trafidimstationen innerhalb der Terrosch-Rotwolke, einer Gaswolke in der Randzone von Gruelfin mit einem Durchmesser von 132 Lichtjahren, war notwendig, um die Versetzung der Kleingalaxis aufrechtzuerhalten. Am 17. Mai 3438 fiel Morschaztas nach der Vernichtung der Trafidimstationen in den Normalraum zurück, die Terrosch-Rotwolke begann sich in eine Nova zu verwandeln.
Sollte sich der Vergleich als nicht zu weit hergeholt herausstellen, könnte die technische Basis der Hyperkokons also durchaus jene des Dakkar- oder Sextadim-Bereichs gewesen sein, der zumindest teilweise mit dem UHF- und SHF-Abschnitt des hyperenergetischen Spektrums »korrespondiert«.
Wie auch immer: ES hatte den Eingeschlossenen keinen Weg offen gelassen. Die Verbannung war mehr als ernst gemeint, denn neben der Einlagerung in den Hyperraum an sich wurden die Hyperkokons ja mit einer anderen Eigenzeit ausgestattet. Während im Standarduniversum rund sieben Millionen Jahre verstrichen, waren es in den abgeriegelten Hyperkokons nur etwa 12.000 Jahre – zumindest im Sternenozean von Jamondi.
In der Folge gelang es selbst dem mächtigen Tagg Kharzani und seinen Kybb nicht, die Verbindung von Jamondi zum Normalraum wiederherzustellen. Die Hyperkokons erwiesen sich als »narrensicher«. Ausnahme war die Inbetriebnahme der offenbar im UHF-Bereich arbeitenden DISTANZSPUR-Verbindung zum Arphonie-Haufen, deren Konstruktion schon vorher begonnen worden war.
Orrien Alar, der Hüter und Gärtner des Baumes Uralt Trummstam, verfügte über Protokolle der Funkmeldungen, in denen zunächst von einem modifiziertem »Hyperraum-Tunnel« die Rede war sowie schließlich von einer Passage durch einen »festgefügten Linearraum-Tunnel«. Einmal eingeleitet, kann die Passage weder unterbrochen noch beschleunigt werden. Es dauert für die Messgeräte rund eine halbe Stunde, dann ist anscheinend die Gegenseite erreicht. Zumindest galt dies für die »Normalbedingungen«, solange die Hyperkokons komplett in den Hyperraum eingelagert waren. Ob das nun ebenfalls noch der Fall ist, muss vorläufig offen bleiben.
Rainer Castor