Das ursprünglich als Kalupscher Kompensationskonverter – kurz »Kalup« – eingeführte Hauptaggregat eines so genannten Lineartriebwerks war kein Antrieb im eigentlichen Sinne. Er erzeugte vielmehr ein kugelförmiges Kompensator- oder Mantelfeld »zur Totalkompensation vier- und fünfdimensionaler Konstanten«, das ein Raumschiff sowohl von den Einflüssen des Standarduniversums wie auch des übergeordneten Kontinuums abschirmte. Ein tatsächliches Eindringen in »den« Hyperraum wurde zwar vermieden, aber das Raumschiff befand sich in einem künstlich aufrechterhaltenen Miniaturuniversum.
Der »Halbraum« wurde auch als Linearraum oder instabile Librationszone umschrieben. Libration vom lateinischen Libra gleich Waage bezeichnete in der Astronomie das scheinbare Pendeln des Mondes um eine oder zwei innere Achsen. Beim Halbraumeffekt gab es in Analogie dazu die Kombination einer Verzerrung vor allem im Bereich der j-Achse und der Rotation des Feldsystems, wobei das Maß der Verzerrung wiederum eine stetige Funktion der Rotationsgeschwindigkeit war.
Dies entsprach der seinerzeitigen Beobachtung der Druuf-Raumer, von denen Terra das Prinzip des Halbraumtriebwerks übernommen hatte. Stets hatte es gewirkt, als befänden sich die Schiffe halb im Hyperraum und halb im Standarduniversum. Die Ortungsergebnisse hatten Werte gezeigt, als würde jemand ununterbrochen, aber ganz gemächlich und langsam aus dem Hyperraum kommen. Später wurde deshalb von einem künstlich stabilisierten Schwingungszustand zwischen Normal- und Hyperraum gesprochen – der »Libration«.
Der Wirkungsgrad des Halbraumfeldes war abhängig von seinem Energiegehalt: Je besser die Abschirmung im Sinne einer variablen energetischen Aufladung, umso vollendeter fügte sich der Schiffskörper in die Halbraumzone ein. Während das Halbraumfeld die statische Komponente des Triebwerks darstellte, übernahmen die normalen Impulstriebwerke die dynamische der eigentlichen »Fortbewegung«.
Vor dem Hyperimpedanz-Schock tendierte im Gegensatz zum Standarduniversum im Halbraum die Lichtgeschwindigkeit zumindest theoretisch gegen unendlich. Der ab einem Überlichtfaktor von fünfzig bis siebzig Millionen fast exponentiell ansteigende Energieverbrauch hatte jedoch selbst in Zeiten ungehinderter Hyperzapfung und Gravitrafspeicherung eine Ausreizung bis hin zu diesem »Grenzwert« verhindert.
Im Gegensatz dazu hatte ein durch Sonnenzapfung ausreichend mit Energie beschickter Stoßimpuls-Generator (etwas »fälschlich« auch Situationstransmitter genannt) das durch gegenpolige Aufladung vorbereitete Transportobjekt in ein extern erstelltes Halbraumfeld hüllen können, das am angestrebten Ziel – ohne Gegenstation – nahezu augenblicklich in den Normalraum zurückfiel, allerdings neben dieser »Quasi-Nullzeittransition« auch den Vorteil geboten, mit deutlich geringeren Geschwindigkeiten arbeiten zu können.
Nach aktuellen Messungen gilt infolge der Erhöhung der Hyperimpedanz als neue Halbraum-Hyperlichtgeschwindigkeit im Sinne eines »theoretisch maximal erreichbaren Linear-Überlichtfaktors« ein Wert von 572.666.467. Inwieweit dieser jemals erreicht werden kann, bleibt angesichts des derzeit maximal möglichen ÜL-Faktors von rund einer Million mehr als ungewiss.
Auf der Basis der alten Kompensationskonvertertechnik wurde nach der Rückkehr der SOL im Jahr 1325 NGZ mit der Neukonstruktion eines Aggregats begonnen, das auch unter den Bedingungen einer erhöhten Hyperimpedanz bestmögliche Ergebnisse erzielen sollte. Projektgruppenleiter war der Hyperphysiker Tangens der Falke, der seine Erfahrungen mit dem Hypertakt-Triebwerk der SOL hatte einfließen lassen können.
Im Flottenjargon wird in Anlehnung an Tangens’ Beinamen vom »Hawkschen Kompensationskonverter«, kurz »Hawk«, gesprochen. Vom Beginn an wurden Performance-Steigerungen eingeplant: Neben dem dynamischen Einsatz bei der Feldrotation mit gleichzeitiger Feldverzerrung und -translation sowie der mehrschalig gestaffelten Anordnung wurde an Feldoszillationen oder Pulsationen ebenso gedacht wie an eine Anregung durch höhere Hyperfrequenzen unter Ausnutzung von Oberschwingungen.
Beim Hawk II soll das Halbraumfeld als Zwei-Schalen-Feld projiziert werden, um statt der rein statischen Funktion des Hawk I eine dynamische Arbeitsweise zu ermöglichen und als eigentlichen Antrieb die Impulstriebwerke überflüssig zu machen, während der Hawk III eine Drei-Schalen-Feldprojektion, vergleichbar dem »Grigorofftriebwerk« der JOURNEE, erzeugen soll.
Rainer Castor