Entgegen anders lautenden Aussagen gibt es die sagenhaften Bionischen Kreuzer also doch noch – jene Schiffe, die von den geistigen Kräften der Motana angetrieben wurden, auf denen früher alle Raumfahrt im Sternenozean von Jamondi beruhte. Zumindest in der Feste von Shoz überstand ein solcher Raumer die Zeit der Wirren nach der Blutnacht von Barinx.
Während sich – wie im Roman geschildert – Rhodan, Atlan, Rorkhete und die Motana mit der SCHWERT vertraut machen, werden wir uns an dieser Stelle einmal näher mit dem Begriff »bionisch« beschäftigen.
Allgemein formuliert dient das Adjektiv bionisch zur Beschreibung eines Organismus, dessen biologische Grundlage durch technische Möglichkeiten verbessert wurde. Im weiteren Sinne ist damit auch »in Einklang mit natürlichen Methoden« gemeint.
Der im 20. Jahrhundert entstandene Fachausdruck Bionik zur Beschreibung der technischen Umsetzung und Anwendung biologischer Systeme funktioniert, obwohl einleuchtend und inhaltlich auch ziemlich zutreffend, so nur in der deutschen Sprache – als Kombination der Wörter Biologie und Technik.
Bionische Ansätze dagegen sind genau genommen uralt und beruhten darauf, die Natur kopieren zu wollen. Der ewige Traum des Menschen, fliegen zu können, orientierte sich beispielsweise aus verständlichen Gründen am Vorbild der Vögel. Schon der Mythos von »Daedalus und Ikarus« berichtet von einem entsprechenden Versuch – sie klebten sich mit Bienenwachs Vogelfedern an die Arme.
Leonardo da Vinci (1452 bis 1519) war dann der Erste, der den Vogelflug wissenschaftlich untersuchte und daraus einen Flugapparat zu entwickeln versuchte. Neben dem Buch »Sul volo degli uccelli«, in dem Notizen, Zeichnungen und Erklärungen zum Verständnis des Vogelfluges niedergeschrieben waren, beschäftigte sich da Vinci mit der Entwicklung eines Flugkorsetts, um dem menschlichen Körper künstliche Vogelschwingen zu verleihen, die mit der Armmuskulatur in Bewegung gebracht werden sollten. In einem anderen Fall beobachtete er den Flug der Löwenzahnsamen – und erfand den Fallschirm.
Dass mit den im 15. und 16. Jahrhundert zur Verfügung stehenden Materialien und Methoden eine »bionische Umsetzung« noch nicht möglich war, tut der grundsätzlichen Herangehensweise keinen Abbruch, denn es geht zunächst einmal um die Idee, während Umsetzungen immer noch verbessert oder überhaupt erst funktionsfähig gemacht werden können.
Leonardo da Vinci war zweifellos ein begabter Bioniker, weil er natürliche Konstruktionen beobachtete, diese als Anregung für seine eigenen Arbeiten nahm und mit den vorhandenen Mitteln seiner Zeit technisch umzusetzen versuchte. Und diese Vorgehensweise entspricht genau der Definition der Bionik – Kernpunkt ist die Übertragung der guten Ideen der Natur in die Technik.
Wichtig ist hierbei die Übertragung, nicht das bloße »nachbauen«. Bionische Lösungen zielen nicht auf Kopieren; denn die Hoffnung, die Natur würde »Blaupausen« für die Technik bereitstellen, die man nur ausführen müsste, führt in die Sackgasse.
Übernehmen lässt sich allerdings eine Fülle von Anregungen, die, auf ihre Übertragungsmöglichkeiten untersucht, entscheidende Impulse für technisches Gestalten geben können. Häufig liefert die Natur die einfachsten Vorbildfunktionen, doch bis zu deren technischer Umsetzung ist es meist ein weiter Weg.
Nicht selten sind es gerade Alltagsgegenstände, die aufgrund der Vorbildfunktion der Natur entwickelt wurden und die wir nicht mehr missen wollen, wie beispielsweise den Klettverschluss, der nach dem Vorbild der Klette entwickelt wurde. Sogar für die Forscher war es immer wieder verblüffend, welch einfachen Strukturen zu solch erstaunlichen Ergebnissen führten, so dass sie viele ihrer Ergebnisse erst gar nicht großartig veröffentlichten.
Das Wesentliche der bionischen Sichtweise ist also das Lernen von der Natur als Anregung für eigenständiges technisches Gestalten. Folgerichtig befasst sich die Bionik als wissenschaftliche Disziplin mit der technischen Umsetzung von in biologischen Systemen beobachteten Prinzipien.
Grob lassen sich hierbei drei Komplexe unterscheiden – die Konstruktionen der Natur (Konstruktionsbionik), die Vorgehensweisen oder Verfahren der Natur (Verfahrensbionik) sowie deren Informationsübertragungs-, Entwicklungs- und Evolutionsprinzipien (Informationsbionik). Eine weitere Unterteilung beinhaltet dann Bereiche wie Material- und Werkstoffbionik, bionische Prothetik und Robotik, Bau-, Sensor-, Bewegungs- und Prozessbionik.
Rainer Castor