PERRY-RHODAN-Kommentar 2219


PARANORMALE RAUMFAHRT? (II)


Mit nicht geringem Erstaunen hatten Atlans terranischen Freunde und Mitarbeiter in seiner Zeit als Imperator Gonozal VIII. zur Kenntnis nehmen müssen, dass im damaligen Großen Imperium Parafähigkeiten viel verbreiteter waren, als sie bislang angenommen hatten. Allerdings waren sie meist auf deutlich niedrigerem Niveau angesiedelt als bei den hoch spezialisierten Mitgliedern in Rhodans Mutantenkorps. Deren eng fokussierte, auf sehr starke Einzelfähigkeiten konzentrierten »Mutantenkräfte« wurden im Allgemeinen als Folge genetischer Mutationen aufgrund radioaktiver Einflüsse interpretiert.

Im Gegensatz dazu beruhte das Paranormale im Tai Ark’Tussan mehr auf Aspekten, die durch Schulung und Meditation letztlich jedem zugänglich waren: das latente Potenzial eines jeden Bewusstseins, das, einmal geweckt, aktiviert und trainiert, normalerweise zwar reichweiten- und vor allem wirkungsbegrenzt war, im Gegenzug aber ein deutlich breiteres Spektrum umfasste und erst bei Blockbildung vieler Individuen großräumigere Wirkungen erzielen konnte.

Schon Crest hatte als Ausbilder der Mutanten auf ganze Völker von Telepathen, Telekineten und anderer Parabegabungen hingewiesen, und die Gehirnaktivierung im Rahmen der ARK SUMMIA war nicht selten von der Entwicklung weiterer Eigenschaften und Fähigkeiten begleitet gewesen. Bereits in den ersten Jahrzehnten des terranischen Vorstoßes ins All bekam man es mit Individualverformern, Ilts, Mooffs, Báalols und anderen zu tun.

Die arkonidische Erforschung des Paranormalen und Transpersonalen konnte folglich Ergebnisse vorweisen, die über die bekannten Psychostrahler, Simultanprojektoren und Anlagen zur Extrasinnaktivierung hinausreichten. Der Paraphysiker Belzikaan hatte sie offiziell als »Zwiespältige Wissenschaft« bezeichnet, um den Unterschied und die Trennung von den übrigen konventionellen und hyperphysikalischen Fakultäten zu markieren. Allerdings hatten diese Erkenntnisse stets zur höchsten militärischen Sicherheits- und Geheimhaltungsstufe gehört oder waren auf bestimmte Kreise beschränkt gewesen.

Bezogen auf die Gesamtheit der bekannten Völker und Einzelwesen, blieb der prozentuale Anteil Parabegabter eigentlich ein zu vernachlässigender Faktor. In absoluten Zahlen gesehen überstieg das Kontingent selbstverständlich das der terranischen Mutanten bei weitem.

Ein markantes Kennzeichen der galaktischen Parabegabten war, dass sie, im Gegensatz zu den terranischen Mutanten, die sich durch extrem starke Einzelfähigkeiten auszeichneten, meist über Kräfte verfügten, die in Reichweite und Wirkung ziemlich begrenzt waren, dafür aber ein breiteres Spektrum abdeckten.

Um ein Bild zu gebrauchen: Als Peaks in einem Diagramm aufgetragen, wiesen die Kräfte der Mitglieder des Mutantenkorps zwar eine hohe Amplitude auf, bildeten jedoch nur sehr schmale Zacken; bei den anderen reichte die Amplitude nur wenig über das Level des statistischen Mittels hinaus, formte aber sehr breite Wellenbäuche, die viele Einzelfähigkeiten abdeckten.

Kam es nun zur Blockbildung mit entsprechender Potenzierung, schaukelte sich das Ganze auf und erreichte eine neue Dimension. Aber das war nichts Neues, weil den Terra-Mutanten ebenfalls möglich. Der Unterschied ergab sich aus der Tatsache, dass diese einige Dutzend waren, während beispielsweise die Zhy-Famii nach Hunderten oder Tausenden zählten, sofern sie einen solchen Block bildeten.

Hinzu kam, dass die Blockbildung von Bewusstseinen und den mit ihnen verknüpften Parakräften nicht einfach zur bloßen Aufsummierung führte, sondern sich so auswirkte, dass das Ganze mehr als die Summe der Teile war. Als Vergleich konnte das Verhältnis von Radius zum Volumen einer Kugel herangezogen werden, welche bekanntlich in der dritten Potenz zueinander stehen.

Drei Bewusstseine, die zum kollektiven Bewusstsein zueinander fanden, wurden demnach hinsichtlich ihres Gesamtpotenzials, aber auch mit Blick auf die zueinander parallel ablaufenden Bewusstseinsprozesse nicht einfach verdreifacht, sondern erreichten das Drei-hoch-drei- sprich Siebenundzwanzigfache.

Ähnlich sind auch die Gesänge der Motana zu sehen, die an sich keineswegs paranormal sind, sondern nur dazu dienen, eine Gruppe von Motana (para-)psychisch gleichzuschalten und aus dem Gemeinschaftsgefühl heraus die eigentliche Parakraft zu entwickeln. Wie erfolgreich Zephyda und die anderen nach ausreichendem Training längerfristig gesehen sein werden, bleibt abzuwarten.

Rainer Castor