PERRY-RHODAN-Kommentar 2196


SEIN UND BEWUSSTSEIN (II)


Die bisherigen Modellansätze mögen in vielerlei Hinsicht unausgegoren und zum Teil halbherzig sein, kontrovers diskutiert werden oder gar auf völlige Ablehnung stoßen – dennoch ist das mit ihnen verbundene »mehr« vorhanden. Dieses zu ignorieren oder zu leugnen dürfte dem Neugierigen und nach weiteren Erkenntnissen Suchenden kaum gelingen, zumal wenn er immer wieder aufs Neue damit konfrontiert wird und sich unvoreingenommen damit beschäftigt.

Nach dem Zwiebelschalenmodell verdeutlichen die weiter außen liegenden Schalen eine »höhere Entwicklung«. Für viele Superintelligenzen gilt beispielsweise als kleinster gemeinsamer Nenner, dass sich (direkt oder mit der Zeit) ein Bewußtseinskollektiv ausbildet und als »eigentlicher« Aufenthaltsbereich das höher geordnete Gefüge des Hyperraums anzusehen ist.

Um Kontakt mit »niederen Lebensformen« aufnehmen zu können, müssen sich diese Wesenheiten, die zumindest bis zu einem gewissen Grad außerhalb der konventionellen Raum-Zeit-Struktur stehen, »Gestalten« und »Anker« bedienen, die mehr oder weniger dauerhaft im Standarduniversum manifestiert werden.

Um die Mächtigkeitsballung einer Superintelligenz positiv aufzuladen, ist »positive energetische Substanz paranormaler Natur« nötig, die ES Eiris nannte. Diese »raumzeitliche Stabilisierungsenergie« scheint, wie die Rettung von ES durch die Zellaktivatoren gezeigt hat, in Teilaspekten auch das zu umfassen, was als Vitalenergie umschrieben wird.

Hinzu kommt überdies eine wechselseitige Interaktion – einerseits in Form des Aufbaus der stabilen Aura von Seiten der Superintelligenz, andererseits durch Zufuhr von Eiris durch und über die Lebensformen der Mächtigkeitsballung in Gestalt von »Hilfsvölkern«, besondere Vertraute und dergleichen, wie zum Beispiel die Aufnahme der Mutanten beim »Exodus der Mutanten« zeigte.

Wie nun im Einzelnen der Sprung von der Begrenzung körperlicher Individuen hin zu einem Kollektiv körperlos vernetzter Bewusstseine vonstatten geht, hängt maßgeblich von den jeweiligen Randbedingungen ab. Übereinstimmendes Merkmal ist jedoch, dass das Ergebnis stets »ganzheitlich« zu sehen ist und vor allem »unstoffliche Qualitäten« einschließt – also Dinge, die mit Zuckerman-Spektrum, ÜBSEF-Konstante, Vitalenergie, »latentes Zhy« beim Dagor, Individualaura, Geist, Seele, Bewusstsein und dergleichen ebenso mangelhaft wie vielfältig umschrieben werden.

In Diagrammform aufgetragen, zeigt das Zuckerman-Spektrum beispielsweise eine lange, komplexe Kurve mit Zehntausenden von Zacken und Tälern, die sich nicht nur von Spezies zu Spezies deutlich unterscheidet, sondern auch von Individuum zu Individuum. Inzwischen wird das Zuckerman-Spektrum als eines der wichtigsten Hilfsmittel der Para-Forschung angesehen, obwohl sich gerade mal fünf bis zehn Prozent exakt deuten oder bestimmten Eigenschaften zuordnen lassen. Vermutet wird aber, dass sich Intelligenz und Lebenskraft, geistige und körperliche Verfassung ebenso daraus ablesen lassen wie paranormale und transpersonale Kräfte und Wirkungen.

Diesen Aspekt griff auch Sato Ambush mit seinem »Ki« auf – einem von ch’i abgeleiteten japanischen Begriff mit der wörtlichen Bedeutung »das Wirken« –, da schon die vergleichsweise geringe Bewusstseins- oder Vitalenergie eines entsprechend trainierten Individuums hyperphysikalische »Tunneleffekte« in den Bereich pararealer Wirklichkeiten hinein ermöglicht. Vom Grundsatz her war Ambushs Beobachtung eigentlich nichts Neues, denn Paralleluniversen an sich hatten sich längst als Tatsache erwiesen. Neu war jedoch, dass sich Ambushs »Ebenen verschobener Wirklichkeit« nicht auf ganze Universen bezogen, sondern auf eng begrenzte Ausschnitte derselben.

Ist der Beobachter und sein Bewusstsein im Multiversum die entscheidende Instanz, erlangt ein weiterer Begriff fundamentales Gewicht: die Information oder allgemeiner das Wissen. Was unterscheidet beispielsweise ein »ruhendes Objekt« von einem »bewegten«? Letztlich die Information, die als »Bewegung« interpretiert wird. Es kann also statt Bewegung in gleicher Berechtigung Wissen heißen, ähnlich wie in der Physik von der Äquivalenz »träger« und »schwerer« Masse gesprochen wird.

Vernetzung, Wechselwirkung, Interaktion und gegenseitige Durchdringung lösen bei einem höher geordneten Blickwinkel zwangsläufig klassische Begriffe ab. Komplexität wird ein maßgebliches neues Kennzeichen, eine Komplexität, deren Verständnis nicht durch Spaltung in Einzelteile und deren separate Analyse zu erzielen ist, sondern das Ganze in seiner Struktur wie in seinen inneren Zusammenhängen zu erfassen hat: der alten Erkenntnis folgend, dass das Ganze mehr ist als die pure Summe seiner Teile.

Umgekehrt formuliert: Je »tiefer« etwas im Zwiebelschalenmodell angesiedelt ist, desto materieller und eingeschränkter ist es und desto weniger Bedeutung und Einfluss haben auch die mit Vitalenergie und Bewusstsein verbundenen Aspekte. Vor dem Hintergrund der inzwischen mit höheren Wesenheiten gemachten Erfahrungen bleibt es also nicht aus, die Bezüge zurechtzurücken.

Der Beobachter als maßgebliche Instanz ist, wie die Superintelligenzen zeigen, keineswegs durch den materiellen Körper gekennzeichnet. Werden Vitalenergie und Bewusstsein zum Bindeglied und Ausdruck des dahinter stehenden Wissens, muss ein ausschließlich materialistischer Ansatz zum Scheitern verurteilt sein – und das Multiversum als Ganzes »transzendiert« zum dimensional nicht eingeschränkten Alles-Jetzt, einer Omnipräsenz des Seins im Gegensatz zum konventionellen Werden und Vergehen.

Das Ganze als wirklich umfassende Struktur ist letztlich »pures Wissen« oder wissendes Sein – so dass vor diesem Hintergrund der Ausspruch, dass Wissen Macht sei, einen ganz neuen Sinn gewinnt ...

Rainer Castor