PERRY-RHODAN-Kommentar 2189


THOREGON-PLAN? (I)


Von den beiden Algorrian kennen wir die grobe Hintergrundgeschichte: Rund 3,6 Millionen Jahre vor Christus brachten Helioten ein unsichtbares, hyperphysikalisch stark strahlendes Hyperpotenzial ins Erste Thoregon und platzierten es in 1,8 Lichtjahren Entfernung vom Doppelstern Thoregon-Cencha.

Das Hyperpotenzial war identisch mit der sterbenden Superintelligenz KABBA, deren »Substanz« nach dem endgültig eingetretenen Tod für THOREGONS Zwecke auf bislang noch unbekannte Weise umstrukturiert wurde. Aus KABBAS Leiche wurde ein sechsdimensional aktives Objekt geschaffen, so dass nach rund 107.000 Jahren ein 1,8 Lichtminuten durchmessendes psionisches Feld als vierdimensionaler Abdruck, vergleichbar dem eines Kosmonukleotids, entstanden war.

THOREGON hatte den ersten Schritt geschafft und KABBAS Überreste in ein Analog-Nukleotid umgeformt – von den Mochichi als »Objekt der Gefahr« umschrieben und inzwischen auch unter dem Eigennamen METANU bekannt. Im Inneren des Sternhaufens wurde eine Sperrzone eingerichtet, die das Analog-Nukleotid und die Doppelsonne Thoregon-Cencha dem allgemeinen Zugang entzog.

Weder die Einzelheiten der Umformung noch die der gegenwärtig ablaufenden Aktivitäten sind uns bekannt. Mögen unsere Kenntnisse über die Kosmonukleotide des Moralischen Kodes und ihre genauen Wirkungsmechanismen beschränkt sein, so lässt sich dennoch klar festhalten, dass METANU aufgrund der künstlichen Entstehung selbstverständlich kein echtes Kosmonukleotid ist – was allerdings auch schon die Umschreibung Analog-Nukleotid zum Ausdruck bringt.

Bei aller Hybris, welche ansonsten hinter dem »THOREGON-Plan« stecken mag, die Superintelligenz THOREGON weiß zweifellos ihre Grenzen einzuschätzen. Und dennoch scheint es ihr Ziel zu sein, Einfluss auf den Moralischen Kode an sich zu nehmen. Als die Algorrian das erkannten, kam es zum Bruch. Uns stellt sich nun die viel drängendere Frage, wie THOREGON nun genau Einfluss nehmen will. Was geschieht in oder mit METANU?

Das Erste Thoregon befindet sich wie alle anderen Thoregons im »Außerhalb«. Hier hat der Moralische Kode keinen Zugriff. Wie soll dann umgekehrt das Analog-Nukleotid Einfluss nehmen können? Nahe liegend dürfte sein, Verbindungsstellen zum Standarduniversum in Gestalt von Mega-Domen zu vermuten. Sie stellen schließlich wie die kleinen Pilzdome Brückenpfeiler der Brücke in die Unendlichkeit dar und wurden schon an mehreren Stellen außerhalb eines PULSES angetroffen.

Die Erkundungen von Alaska Saedelaere und Monkey haben überdies gezeigt, dass sich derzeit eine beträchtliche Zahl dieser Mega-Dome im Bau befindet oder soeben fertig gestellt wurde. Die Vermutung, sie seien für künftige PULSE gedacht, muss unter dem Blickwinkel der neuen Informationen wohl revidiert werden.

Als die SOL im Mahlstrom ankam, wurde einer der Mega-Dome per Schlund-Transmitter an ein unbekanntes Ziel versetzt. Möglicherweise sind also die aktuell fertig gestellten Mega-Dome von vornherein gar nicht für PULSE, sondern als »Schnittstellen« zum Standarduniversum vorgesehen, über die METANU Zugriff auf den Moralischen Kode gewinnen soll.

Wir wissen, dass mehrere benachbarte Kosmonukleotide ein Kosmogen bilden. Mindestens neun gehören beispielsweise zum Kosmogen TRIICLE. Die Gesamtheit der Kosmogene ergibt den Moralischen Kode, der in der Gestalt einer Doppelhelix das Multiversum durchzieht. Mit geeigneten Messgeräten wie der Aura-Zange kann der »Abdruck« der Kosmonukleotide im vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum nachgewiesen werden.

Dieser hat die Struktur eines psionischen Feldes, das gleichzeitig eine Möglichkeit des Eintritts ins Innere des Kosmonukleotids bietet, welches von Psionischen Informationsquanten (Psiqs) »bevölkert« ist, die alternative Möglichkeiten der Entwicklung des Universums bereithalten. Die Kosmonukleotide selbst werden deshalb als »gewaltige, im Hyperraum angesiedelte Informationspools psionischer Struktur« umschrieben.

Die Psiqs speichern eine sehr große, von der genauen Zahl her unbestimmte Menge von potenziellen »Universen«, die Zeugnis über die Entwicklung ablegen oder diese steuern. Es gibt potenzielle Zukünfte, die einen hohen Realitätsgrad haben, aber auch solche, die offensichtlich nicht die geringste Chance auf Verwirklichung besitzen. Umgekehrt existieren auch potenzielle Vergangenheiten wie auch sonstige Alternativen und Ausprägungen von Paralleluniversen.

Der Moralische Kode enthält in seinen Psionischen Informationsquanten und Kosmonukleotiden offensichtlich sämtliche Aspekte der möglichen Entwicklung aller Universen, mögen sie als einander parallel, vergangen oder zukünftig erscheinen. Auf das Ganze bezogen, ist die Realität der Universen, der parallelen Zeitabläufe oder wie immer es im einzelnen genannt wurde, einander gleichberechtigt. Verbunden mit den Kosmonukleotiden sind Überlappungen, Verschmierungen und dergleichen. Abhängig davon, von welchem Standpunkt aus ein Beobachter eine Entwicklung dieser »n-dimensionalen Unschärfe« betrachtet, erscheint ein verändertes Bild – genau wie die Meßmethode bestimmt, ob ein Quant als Teilchen oder Welle beobachtet wurde.

Die in den Psiqs gespeicherten Welten der Wahrscheinlichkeit sind dauernden Veränderungen unterworfen. Als experimentelle Bausteine für eine stabile Wirklichkeit werden sie ständig korrigiert. Transformieren sie zu Welten mit Bestand, existiert eine Gruppe von Psiqs, deren Informationsgehalt von universeller Gültigkeit ist. Die in ihnen enthaltene Information wird in unregelmäßigen Abständen von so genannten Messengers kopiert und wirkt unmittelbar auf das Universum ein, indem zunächst auch die Informationen anderer Kosmonukleotide eines Kosmogens aufgenommen und schließlich an das Universum weitergegeben werden.

Rainer Castor