PERRY-RHODAN-Kommentar 2176


THATRIX-NACHLESE


Der unfreiwillige, mit Blick auf die Zeitschleife letztlich aber dennoch längst geschehene Vorstoß in die Vergangenheit ist zu Ende. Was von den Eltanen als ultima ratio geplant war, als sie ihr Projekt Finsternis vorantrieben und dann überhastet umzusetzen versuchten, wurde für sie selbst zum Desaster. Dass von galaktischer Seite die JOURNEE und ihre Besatzung in der Vergangenheit zurückblieben, dürfte den Grundstein für viele bislang eher rätselhafte Dinge gelegt haben.

Wie sich die Puzzleteilchen im Einzelnen zusammensetzen, ist derzeit noch nicht bekannt. Gleiches gilt für die Hoffnung, schon in der Vergangenheit jene Voraussetzungen zu schaffen, die letztlich vielleicht den Kampf gegen das Reich Tradom siegreich ausgehen lassen. Derzeit ist es nicht mehr als eine eher vage Hoffnung, obwohl unter Umständen schon die im Sektor Roanna gefundene »Zeitsonde« mehr verraten wird.

Ehe es also zur Fortsetzung in der Gegenwart des Jahres 1312 NGZ kommt, sollten wir die Gelegenheit zu einer Rückschau und Zusammenfassung nutzen. Immerhin machte die Rückversetzung die Galaktiker zu Zeitzeugen jenes massiven »Umbruchs«, der die Ära der Thatrix-Zivilisation abrupt beendete und zur Tyrannei des Reichs Tradom überleitete.

Die Begegnung mit Anguela Kulalin, dem Verkünder der Superintelligenz VAIA, erbrachte zwar eine Reihe von Informationen, aber leider bleibt weiterhin vieles im Dunkel der Geschichte verborgen. Wie und wann die Superintelligenz entstand, ist nicht genau bekannt – Ijotha Hyndalin nannte vage rund eine Million Jahre. Ebenfalls nur Gerüchte sprechen von einer Verwandtschaft des Lichtvolks wie der Tonkihn mit jenen Qevayaan, aus denen VAIA hervorging.

Ganz grob kann somit als Entstehungszeit der Superintelligenz etwa 1,17 Million Jahre vor Christus angegeben werden. In den folgenden Jahrhunderttausenden mischte sie zweifellos im »normalen Konzert« mit, formte ihre Mächtigkeitsballung und handelte wohl so, wie es Superintelligenzen eben tun – was immer das im Einzelnen nun sein mag.

Die auch von den Pangalaktischen Statistikern gemachte Beobachtung, dass es seit vielen Millionen Jahren im Standarduniversum zu einer Art »Übervölkerung durch Leben« kommt, gehörte zum Wissen der Verkünder. Aus Leben aber entstehen Superintelligenzen – und damit steigt auch die Anzahl der Wesen auf der nächsthöheren Stufe der Evolution!

Bezeichnend nun, dass darauf die Kosmokraten dergestalt zu reagieren scheinen, indem sie »die Lebensdauer diverser Superintelligenzen teils drastisch begrenzen«. Wie genau dies vonstatten geht, blieb den Verkündern und damit auch uns verschlossen. Der Überlieferung nach – die jedoch als keineswegs gesichert gilt – war eine dieser von unmittelbarer, willkürlicher Auslöschung bedrohten Superintelligenzen offenbar VAIA.

Und genau das scheint einer der Gründe gewesen zu sein, dass die Heilige Mutter die Option der Helioten annahm, ein Thoregon zu gründen – neben der Aussicht, ihre Mächtigkeitsballung von der Bühne aller kosmischen Machtkämpfe zu entfernen. Nur auf diese Weise konnte sich die Superintelligenz offenbar der Macht der Kosmokraten entziehen und ihr Leben verlängern. Wenngleich das um den Preis des Rückzugs in die für sie nachgerade klaustrophobisch engen Grenzen eines PULSES bedeutete.

Noch wissen wir nicht, wie viel Wahrheit sich hinter diesen Eröffnungen verbirgt, denn VAIA selbst schwieg zu diesem Thema. Und die Zersplitterung in die Schmerzwechten lässt wenig Hoffnung aufkommen, dass sich an diesem Informationsstand etwas ändern wird ...

Der 1. Burd 1 Tha jedenfalls markierte den Beginn der Thatrix-Zeitrechnung – entsprechend dem 23. Juli 169.714 vor Christus – mit dem Abschluss des Vertrags von Tradom. 385 Tha später – gleich 168.698 vor Christus – endete Tha-Dar Jardalav, die Epoche der Kriege.

Es heißt, dass nicht alle Qevayaan ihre Körper aufgegeben haben. Diesen »Hartnäckigen« seien die AGLAZAR-Aggregate zu verdanken, während die Steuertechnik und die übrige Hardware schon von Vaianischen Ingenieuren konstruiert wurden. Die letzten dieser Geschöpfe gingen ebenfalls vergeistigt in VAIA auf, als die Epoche der Kriege endete. Sie selbst vernichteten damals ihre einzigartige Technowelt Vaianam, um deren Machtmittel niemals in die Hände übel meinender Kreaturen fallen zu lassen.

Angeblich war Vaianam ein Konglomerat aus Abertausenden scheibenförmiger Kunstwelten, die in der Art einer Dyson-Sphäre ihre Sonne als »Kugelschale« in loser Anordnung umgaben. Kaum weniger bestaunt wurden die ebenfalls künstlich geschaffenen Parastaubsphären, die das Caldit-System und viele weitere Systeme einhüllten – leider ebenfalls nur Erzählungen, die von Verkünder zu Verkünder weitergereicht wurden, denn in Anguelas Zeit gibt es eine solche systemweite Staubsphäre nur noch im Caldit-System.

Am 61. Burd 5529 Tha gleich 11. Mai 155.104 vor Christus stirbt Ijotha Hyndalin. Das erste Rebellentreffen im Irrläufermond Geika findet am 287. Burd 5537 Tha gleich 5. Februar 155.082 vor Christus statt. Mit dem Kontakt zum Kosmokratenroboter Cairol wird der Untergang der Thatrix-Zivilisation beschlossen, eingeleitet durch die Aktivierung des »Ultramagneten« im Queigat-System am 710. Burd 5537 Tha gleich 19. März 155.081 vor Christus, durch dessen Kräfte VAIA zersplittert.

Cairol hat zwar eine direkte Beteiligung an den Kämpfen verweigert, doch schon die Bereitschaft, quasi auf Anforderung der Rebellen für die Vernichtung der Superintelligenz die nötigen Mittel bereitzustellen – welche sehr an das gegen ESTARTU eingesetzte »Mentaldepot« erinnern – wirft die Frage auf, ob die Verträge mit den Kosmokraten einen Wert haben. Festzuhalten ist, dass die Kosmischen Mächte zu keiner Zeit wirklich von ihrem Kampf gegen Thoregons und Helioten abweichen und entsprechende Vereinbarungen offensichtlich bestenfalls eine Atempause bedeuten ...

Rainer Castor