PERRY-RHODAN-Kommentar 2173


ZEITREISEN UND ZEITSCHLEIFEN (II)


Die Versetzung der CREST III sowie der ihr nachfolgende Flottentender DINO-III, dessen Besatzung in der Vergangenheit zurückblieb, hatte nicht nur Erkenntnisse über die Erste Menschheit der Lemurer zur Folge, sondern führte auch zum Bau von OLD MAN. Interessant hierbei ist, dass diese immense Anstrengung offensichtlich sämtliche Kapazitäten der Scimor-Lemurer band und somit verhinderte, dass in der Milchstraße ein neues lemurisches Reich entstand – zweifellos weil die in der Vergangenheit verbliebenen Terraner rings um Rog Fanther und Gus Barnard Informationen über die zukünftige Entwicklung mitbrachten (PR 264 ff., PR 380).

Aufgrund dieses Wissens aus der Zukunft hielt man sich auf Scimors Planet zurück und schränkte sich ein, denn es hatte ja kein zweites lemurisches Reich gegeben. Das war gewissermaßen der erste Punkt einer »sich selbst erfüllenden Prophezeiung« (Prophezeiung aus der Sicht der Lemurer, Vergangenheit aus der der Terraner). Das Schaudern, das die Lemurer angesichts solcher Überlegungen befallen haben dürfte, ist kaum nachzuvollziehen.

Gerade die Informationen aus der Zukunft haben ihre Handlungen also maßgeblich geprägt, denn das Ergebnis ihrer Handlungen zeigte, dass sie alles daransetzten, ein drohendes Zeitparadoxon zu verhindern. Das Ergebnis musste dann allerdings, im Zirkelschluss der Zeitschleife, eine Tragödie sein, wie sie kein klassischer Grieche besser hätte formulieren können; das Ausgeliefertsein gegenüber Göttern und dem Schicksal, in Erfüllung dessen, was durch das Wissen der Terraner als Vergangenheit berichtet wurde ...

Dass die Lemurer selbst ebenfalls schon mit Zeitreisen experimentiert hatten und somit den Angriff der ULEB in Form der Haluter provozierten, wurde schon vor langer Zeit herausgefunden. Weniger bekannt, aber dennoch maßgeblich ist die Erkenntnis, dass auch der Kern der Sonnentransmitterstrecke in Form der Verbindung zwischen dem galaktozentrischen und dem Andromeda-Sonnenseckseck seine Existenz einer Zeitschleife verdankte.

Es war Selaron Merota, Vater von Ermigoa wie von Mirona Thetin und als Schmied der Unsterblichkeit auch Erbauer der Zellaktivatoren der MdI, der hier maßgeblich involviert war (PR-Taschenbuch 288, ATLAN-Traversan 12, PR 2048). Die Informationen über ihn gehen auf Atlans Begegnung mit Ermigoa zurück, die starb, nachdem sie in einem Anfall geistiger Umnachtung mit einem Desintegrator ihren Zellaktivator zerstrahlt hatte, weil zuvor ein schadhafter Multiduplikator rasch zerfallende, zellaktivatorlose Ebenbilder ihrer selbst produzierte. Sie zerfiel am 23. Mai 3460 in Atlans Armen zu Staub (PR 683).

Nicht von dem Zerfall betroffen war ein mit einem Edelstein besetzter Armreif gewesen. Diesen nahm der Arkonide damals als Erinnerungsstück mit nach Gäa in die Provcon-Faust. Etwa hundert Jahre später wurde bei einer Holoaufnahme des Armreifes für das Terra-Lemur-Museum von Gäa entdeckt, dass der Schmuckstein in Wirklichkeit ein Speicherkristall war – damals hatte Atlan soeben die Rekonvaleszenzphase nach jenem fürchterlichen Unfall abgeschlossen, dessen Heilungsvorgang ihn dazu zwang, über verdrängte und zum großen Teil von ES blockierte Erinnerungen zu berichten. Nur Bruchstücke der aufgeprägten Dateien ließen sich abrufen; aus ihnen ging jedoch hervor, dass es tatsächlich diesen berühmt-berüchtigten Wissenschaftler gegeben hatte! Nach ihm wurden die Texte »Selaron-Fragment« genannt (ATLAN-Traversan 12).

1173 NGZ, als man den Spuren der verwirrten Superintelligenz ES folgte, wurden neue Erkenntnisse den bisherigen hinzugefügt. Die »Zeitschau« auf dem Planeten History am 23. April 1173 NGZ erbrachte Informationen, die mit den bisher gewonnenen zunächst durchaus vereinbar waren (PR 1572). Auf der Kunstwelt Wanderer begegnete Perry Rhodan, Gucky und Atlan dann allerdings ein Lemurer namens Nermo Dhelim, und es kam zu Ereignissen, die in jeder Hinsicht brisant, verwirrend und verblüffend waren. Zu allem Überdruss kollidierten sie mit den bisher gewonnenen Erkenntnissen (PR 1573).

Ein visionäres »Miterleben« lieferte die Geschichte der Meister der Insel, wie sie sich »wirklich« ereignet haben sollte, und wurde, entgegen vielen Bedenken vor allem Atlans, Teil der offiziellen Geschichtsschreibung. In diesem Bild gab es allerdings so viele Ungereimtheiten und verwirrende Elemente, dass Atlan für seinen Teil nie wirklich von seiner Wahrhaftigkeit überzeugt war! Im Gegensatz dazu lieferte das »Selaron-Fragment« neben der Hintergrundgeschichte zum Entstehen der MdI wie auch vieler technischer Produkte die Erklärung, wie es nach der Entdeckung der Sonneningenieure zum Bau der maßgeblichen Sonnenstransmitterstrecke kam:

Unsere Zeitforscher haben inzwischen eine Methode gefunden, einen Zeittransmitter zu bauen (...) Dieser Transmitter wird ein Kommando in die Vergangenheit schicken – ein Kommando, das aus qualifizierten Technikern und den Sonneningenieuren bestehen wird. Es wird mit einem Schiffskonvoi die Transmitterstrecke zur Nachbargalaxis benutzen, und zwar zu jener Zeit, da der Exodus der Lemurer von dort begann. Dann wird sich dieses Kommando mit Hilfe eines kleinen Transmitters noch weiter in die Vergangenheit schicken lassen ... Damit die Sonneningenieure die Transmitterstrecke bauen können (...) Ein Kommando wird das Sechseck bei uns errichten, ein anderes die Gegenstation in der Ursprungsgalaxis (...)

Eine Zeitschleife ... Ein gigantisches Paradoxon (...) Eben nicht – das Paradoxon wird vielmehr eintreten, wenn wir nicht so handeln (...) (Unsere Vorfahren) haben die Sonnentransmitter benutzt, das steht zweifelsfrei fest – Sonnentransmitter, die es niemals geben wird, wenn wir sie nicht bauen lassen (...) Eine weitere, perfekte Schleife durch Raum und Zeit, ein sich selbst erfüllendes und bestätigendes Unternehmen ... (PR-Taschenbuch 288)

Rainer Castor