PERRY-RHODAN-Kommentar 2166


DER MAHLSTROM DER STERNE (II)


Materiebrücken zwischen kollidierenden Galaxien sind nichts Besonderes. Gleiches gilt für die exotischen hyperphysikalischen Verhältnisse, die mit einer solchen Umgebung zwangsläufig verbunden sind. Im Gegensatz dazu haben wir es beim Mahlstrom der Sterne mit einem Gebilde zu tun, das den normalen Rahmen sprengt – weniger allerdings durch seine Natur an sich als vielmehr wegen der mit ihm verbundenen »Randbedingungen«.

Auffallend ist beispielsweise, dass die Kollision der beiden Sterneninseln schon vor rund zwei Milliarden Jahren stattgefunden hat, sie sich aber nur um eine vergleichsweise geringe Distanz voneinander entfernt haben. Die Relativbewegung zueinander ist heute äußerst gering, um nicht zu sagen kaum messbar. Ob sie vor langer Zeit einmal deutlich größer war und dann irgendwann quasi zum Stillstand kam, lässt sich nicht sagen: In eine entsprechende Simulationsrechnung können die möglicherweise zu berücksichtigenden zusätzlichen Effekte mangels Kenntnis nicht einfließen.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Bewegung der beiden Galaxien von jeher minimal war, die Durchdringung demnach extrem langsam vonstatten ging und fast in einer Verschmelzung geendet hätte. Ein solches gegenseitiges »Auffressen« von Sterneninseln wiederum ist keineswegs selten. So hat beispielsweise die der Milchstraße benachbarte Andromeda-Galaxis einen Doppelkern, weil eine andere, kleinere Galaxis »aufgefressen« wurde, die einst in das Kerngebiet von M 31 eindrang. Und auch die elliptischen Großgalaxien wie M 87 oder Segafrendo gelten häufig aufgrund ihrer gewaltigen Massen als Ergebnis solcher Verschmelzungen.

Ob und welche Auswirkungen diese »gebremste Kollision« auf das Entstehen des Schlunds sowie der Ausbildung des Ersten Thoregons hatte, kann derzeit niemand sagen. Fest steht nur, dass der Mahlstrom in den Randbereichen der Galaxis Mahagoul nicht allein durch die aus der Galaxis losgerissenen Systeme und Materiemassen gespeist wird, sondern dass sich inmitten des Chaos eine 7670 Lichtjahre durchmessende Zone befindet, die mit einem PULS identisch sein muss. Dabei handelte es sich um eine astronomisch schier unglaublich scheinende Zone, in der Energien toben, die eine ähnliche Intensität wie bei der Supernova-Explosion einer Sonne erreichen, im Gegensatz zu einer solchen jedoch nicht nur in einem Sekundenbruchteil freigesetzt werden, sondern quasi permanent entstehen.

Vergleichbares kennen wir vom Kessel von DaGlausch, dem Feuer von Hesp Graken in Segafrendo oder Anguelas Auge in Tradom. Berücksichtigen wir weiterhin die vor dem Vorstoß in den Kessel in DaGlausch und Salmenghest tobenden Kesselbeben, dürfte es nicht allzu weit hergeholt sein, vergleichbare Effekte auch für die Zeit anzunehmen, ehe der PULS des Ersten Thoregons entstand. Dass es sich um diesen handelt, belegen die Beobachtungen der SOL-Besatzung.

Wie es aussieht, befindet sich die Glutzone des hiesigen PULS überdies dort, wo eigentlich ein zweites Gegenstück zum Schlund erwartet werden könnte, sofern man unter den hiesigen Bedingungen eine Symmetrie überhaupt in Erwägung ziehen darf. Das Gegenstück in der Galaxis der Ploohns jedenfalls wurde seinerzeit schon beobachtet – in Form des Aufrisstrichters am Südrand ihrer Galaxis, auch Energiewirbel und Kontraschlund genannt, rein optisch eine große, flimmernde Energiewand oder -wolke.

Bei dem Gebiet handelte es sich um einen insgesamt rund viertausend Lichtjahre durchmessenden Raumsektor, in dem all das rematerialisierte, was vom Schlundtransmitter eingesogen und abgestrahlt wurde. Je geringer die Masse des Materials war, in umso größerer Entfernung vom Aufrisstrichter wurde es wieder stofflich. Die Ploohns nutzten die hyperenergetische Affinität zwischen Aufrisstrichter und Schlund, um ihre Flotten in den Mahlstrom zu versetzen und umgekehrt wieder herauszubringen. Schon die Tatsache, dass sie den Wirbel gezielt als Giganttransmitter nutzten, verdeutlichte, dass er bis zu einem gewissen Grad »justiert« und gesteuert werden kann.

Ob dieser Effekt auch bei dem Mega-Dom zum Einsatz kam, nahe dem die SOL materialisierte, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Offen sind auch alle Fragen, die sich auf die hiesigen Verhältnisse beziehen. Fest steht nur, dass Beauftragte der Kosmokraten vor Ort aktiv sind – die kobaltblaue Walze dürfte zweifellos als Erkundungsschiff unterwegs sein. Dazu passt auch der Aufmarsch der Ploohns, die rings um den Mahlstrom-PULS eine Art Ortungsring betreiben und anscheinend als Helfer tätig sind.

Unbekannt dagegen ist, wie lange es das Erste Thoregon schon gibt, obwohl als Minimalzeit zumindest die von ESTARTU her bekannte Zeitspanne von rund 18 Millionen Jahren angegeben werden muss. Und vor diesem Hintergrund könnte die seinerzeitige Versetzung der Erde in den Mahlstrom eine ganz andere Bedeutung erlangen. Dass ES hierbei maßgeblich eingegriffen und einen Plan verfolgt hat, steht außer Zweifel. Fragt sich nur, wie massiv die seinerzeitigen Eingriffe – über die bislang bekannten Manipulationen hinaus – unter Umständen ausfielen.

Angesichts der Bedingungen im Mahlstrom und wegen der übrigen Ereignisse konnte die Besatzung der SOL beispielsweise nicht gezielt nach Ovarons Planet suchen, dessen genaue Position leider nicht bekannt ist. Man weiß ja nicht einmal, ob diese Welt überhaupt noch existiert. Die rote Riesensonne Peilfeuer Mahlstrom, seinerzeit 102,57 Lichtjahre von Ovarons Planet entfernt und im Dezember des Jahres 3581 durch den Einsatz des Inmestronischen Anregungs-Feldpulsator zum Sonnenleuchtfeuer aufgeheizt, wurde im August 3582 beim letzten Aufenthalt der SOL im Mahlstrom wieder abgeschaltet.

Der keloskische Rechenmeister Dobrak erläuterte damals den Aufbau der kosmischen Ordnung, die er modellhaft mit einer Zwiebel verglich – das berühmte »Zwiebelschalenmodell« ...

Rainer Castor