PERRY-RHODAN-Kommentar 2162


Beutetechnik (I)


Manche böse Zungen behaupten ja, die letzte eigenständige Entwicklung, die die Terraner gemacht hätten, sei das kernchemische Atomstrahltriebwerk gewesen, das die STARDUST zum Mond getragen hat, und selbst dabei sei noch ungeklärt, inwieweit der damals auf der Erde gestrandete Arkonide Atlan die Hände im Spiel gehabt habe. (Bio Rakane in PR 2150)
Die Aussage des weißen Haluters mag zwar ein bisschen überspitzt sein, aber es ist durchaus etwas Wahres dran. Was »Beutetechnik« betrifft, haben die Terraner in jedem Fall ihre Erfahrungen. Soweit wir es bislang einschätzen können, müssen maßgebliche Machtmittel des Reichs Tradom - wie die Sternenfensterstationen oder die AGLAZAR-Schlachtschiffe -ebenfalls unter dem Stichwort »Beutetechnik« gesehen werden, weil sie offensichtlich nicht auf eigenen Erkenntnissen basieren.
Im Gegensatz zur »terranischen Vorgehensweise«, bei der Verständnis und Weiterentwicklung eine maßgebliche Rolle spielten und spielen, kommt diese Technik im Reich Tradom allerdings ohne jedes tiefere Verständnis der Grundlagen zum Einsatz. Somit ist eine Reproduktion bestenfalls in sehr eingeschränktem Rahmen möglich oder nimmt «Nebenwirkungen« in Kauf, die alles andere als angenehm sind. Besonders deutlich wurde und wird dies bei den Fensterstationen, die in ihren Grundfunktionen zwar bedient werden können, deren dahinter stehende Technik jedoch selbst den Ehrwürdigen Wissenschaftlern, den Ohyraba'Katabe, ein Rätsel ist - und das, obwohl ihnen zweifellos Jahrzehntausende der Forschung zur Verfügung standen. Die Galaktiker haben inzwischen zwar den »Bauplan«, doch viel mehr als »Knöpfchendrückerei« ist auch ihnen nicht möglich. Es stellt sich also die Frage, was an dieser unverstandenen Technik denn so Besonderes ist. Betrachten wir die vagen Überlieferungen sowie die Forschungsergebnisse der Trümmerscouts, deutet alles darauf hin, dass die Ursprünge auf die Vaianischen Ingenieure zurückgehen. Namentlich bekannt ist bislang nur Rintacha Sahin, der maßgeblichen Anteil am technisch-wissenschaftlichen Aufbau der ThatrixZivilisation gehabt haben soll.
Noch wissen wir nicht, wann genau und unter welchen Umständen das Reich Tradom die »Nachfolge« der ThatrixZivilisation antrat. Dennoch sollte es eigentlich in mehr als 100.000 oder gar 160.000 Jahren (!) möglich gewesen sein, über den Status der »Knöpfchendrückerei« hinauszukommen. Weil das ohne Zweifel eben nicht gelungen ist, deutet einiges darauf hin, dass offensichtlich nicht nur die rein «technische Hardware« eine Rolle spielt, sondern auch Komponenten, die nicht so ohne weiteres eingebracht oder reproduziert werden können.
Was könnten diese Komponenten sein? Aus den bisherigen Untersuchungen geht hervor, dass einerseits »exotische Materialien« wie das Hypermetall Yddith eine Rolle spielen und viele Wirkungen eindeutig im UHF-Bereich des hyperenergetischen Spektrums -angesiedelt sind. Hinzu kommt andererseits, dass paramechanische und paranormale Aspekte einbezogen werden müssen. Es könnte also durchaus sein, dass die heute fehlende Komponente eben die Vaianischen Ingenieure selbst sind - sprich: ihr besonderer Metabolismus und ihre Parakräfte! Einen wichtigen Hinweis stellen die Optische Gruft genannten «Kommandokammern« dar: Es gibt sie in den Sternenfensterstationen ebenso wie in der Letzten Stadt der Eltanen und auch in den AGLAZAR-Schlachtschiffen. Sollte es sich als richtig erweisen, dass die technischen Grundlagen von den Vaianischen Ingenieuren geschaffen wurden, haben wir es wohl mit Geschöpfen zu tun, die nicht so ohne weiteres in das bekannte Raster eingeordnet werden können. Kein bekanntes Wesen scheint die Kammern nutzen zu können, so dass sie vollständig brachliegen. Wenn überhaupt erwähnt, bezeichnen die Valenter sie als «Gruft« - eine Umschreibung, die, wie wir wissen, von Perry Rhodan ebenso wie von Aherrn Roa in gleicher Weise und unabhängig voneinander ebenfalls verwendet wurde. Es handelt sich offenbar durchweg um eine leere, kugelförmige Räumlichkeit von drei Metern Durchmesser. Im Inneren der Kammer herrscht Schwerelosigkeit, ein schwacher Traktorstrahl befördert einen vom Eingang zum Zentrum der Hohlkugel. Deren Innenwandung ist von einem Muster bedeckt, das aus insgesamt 1,82 Millionen Einzelwaben besteht, nicht einmal einen halben Zentimeter durchmessende Elemente eines noch nicht näher erforschten «Verbundmaterials«. Das Wabenmuster erglimmt beim Betreten der Kammer im selben Moment in einem diffusen Leuchten. Die einzelnen Elemente reagieren sehr lichtempfindlich. Jeder Einfall von Lichtstrahlen, und seien es winzige Reflexe, wird von den Waben mit einem Aufleuchten beantwortet, dessen Lichtstärke die des gerade auftreffenden Strahls deutlich übersteigt. Die Lichtstrahlen werden überdies von den Waben genau in einem Winkel von hundertachtzig Grad reflektiertausgesandte Strahlen fallen also stets nur auf die aussendende Quelle zurück.
Rhodans Versuche in der Letzten Stadt wie auch die Untersuchungen in den Fensterstationen unter Berücksichtigung des »Bauplans« haben gezeigt, dass mit Lichtsignalen ganz bestimmter Lichtwellenlängen einerseits eine Steuerung möglich ist und andererseits Informationen und Rückmeldungen verbunden sind.
Hierzu passt auch, dass die Gruft mit sämtlichen Schaltungen in der Station vernetzt ist. Weiterhin gibt es den Eindruck, als führe diese Technik eine Art Eigenleben, ja sei auf schwer nachvollziehbare Weise wirklich lebendig oder habe gar ein eigenes Bewusstsein und einen eigenen Willen. Um jedoch eine solche Anlage wirklich korrekt bedienen zu können, muss man wohl selbst eine Art »Lichtwesen« sein, dazu fähig, nicht nur in alle Richtungen Lichtsignale auszusenden, sondern diese auch zu empfangen-von möglichen Parawirkungen ganz zu schweigen …

Rainer Castor