PERRY-RHODAN-Kommentar 2160


EIN ZWISCHENSTAND


Es gibt den Schwarm Kys Chamei nicht mehr! Nachdem der Schmiegschirm abgeschaltet und sämtliche maßgeblichen Steuer- und Kontrolleinrichtungen wie auch die wichtigsten »Aggregate« und das Gros der Manips zerstört wurden, sind die Sonnen samt bewohnten Welten, Industrieplaneten, Rohstofflager und Standorte von Raumschiffen in der Galaxis Fou gestrandet. Insgesamt rund 500.000 Objekte, die bis dato Teil der fast 9000 Lichtjahre langen Konstellation einer wandernden Kleingalaxis waren.

Es mag zwar noch Jahrmillionen oder mehr beanspruchen, aber irgendwann wird die Struktur in der Spiralform von Fou aufgehen, bis kaum oder gar nichts mehr an den ehemaligen Schwarm erinnert. Sofern sich keine Überlieferungen halten, wird man in ferner Zukunft bestenfalls darüber spekulieren können, dass irgendwann einmal ein offenbar dieser Galaxie vorgelagerter Sternensatellit »aufgefressen« wurde – nichts Ungewöhnliches in den Weiten des Universums ...

Um 1.235.000 vor Christus in der »Phase Zwei« im Auftrag des Dieners der Materie Ramihyn zusammengestellt, war das Gebilde wie alle anderen Schwärme im Dienst der Kosmokraten unterwegs, um in den beflogenen Bereichen des Universums die Entwicklung von Intelligenz zu fördern. Bei allem zweifelhaftem Tun, von dem wir im Laufe der Zeit über die Kosmischen Ordnungsmächte erfahren haben, immerhin eine großartige Leistung! Damit ist nun offensichtlich Schluss, für Kys Chamei ebenso wie für alle anderen Schwärme, denn das »Leben nimmt überhand« – so die »lapidare« Mitteilung.

Während die bisherigen Schwarmbewohner den Schock zu verarbeiten versuchen und sich auf ein völlig neues Leben, mit ganz anderen Zielen, einen komplett veränderten Sinn, einstellen müssen, während das Raumschiff LEUCHTKRAFT mit der Kosmokratenbeauftragten Samburi Yura unbekannten Zielen entgegenstrebt und sich die beiden Unsterblichen Monkey und Alaska Saedelaere – zweifellos durch die Ereignisse bis ins Innerste getroffen – abermals einem der aufflackernden Zeitbrunnen anvertraut haben, ist es wohl an der Zeit, einmal innezuhalten.

Im Gegensatz zu den Beteiligten vor Ort, kennen wir ja auch die von den Pangalaktischen Statistikern übermittelten Informationen – und es sieht so aus, als müssten wir diese als Wahrheit anerkennen. Mag man an Bord der SOL noch durchaus berechtigte Zweifel hegen, zumal einiges ja von den Statistikern selbst mit einem Fragezeichen versehen wurde, weil nur aus »dritter Hand« stammend, so bietet sich uns nach der Abschaltung von Kys Chamei schon ein etwas schärferer Blick.

Die Förderung des Lebens, von den Kosmokraten als Mittel im Kampf gegen die Chaotarchen gedacht, hat ein Ende gefunden. Die Schwärme wurden abgeschaltet, und es wird auch keine Vorbereitungsflüge mit Sporenschiffen mehr geben. Unter der Berücksichtigung der vergleichsweise eher langen Reaktionszeit der Kosmokraten und in Erinnerung früherer Ereignisse stellt sich die Frage, ob beispielsweise das seinerzeitige Ende der Sieben Mächtigen nicht schon zu den »ersten Vorboten« der jetzigen Situation gerechnet werden muss.

Fest steht ebenfalls, dass die Kosmokraten massiv gegen die Thoregons und damit gegen die Helioten vorgehen wollen und zweifellos werden. Berücksichtigen wir auch hier die nicht in Tagen oder Wochen, sondern Jahrhunderte und mehr rechnende Vorlaufzeit, erscheinen viele Dinge im Rückblick in einen anderen Licht. Was wussten zum Beispiel Taurec, Vishna und Voltago wirklich? Müssen etliche ihrer seinerzeit rätselhaften Andeutungen vor dem Hintergrund der jetzigen Entwicklung neu betrachtet und in anderem Kontext gesehen werden?

Dass Erde und Mond nicht aus purem Zufall damals im Mahlstrom der Sterne herauskamen, wurde schon durch die Ausschaltung von BARDIOC und der Vereinigung mit der Kaiserin von Therm zu THERMIOC sowie den »Plan der Vollendung« von ES – einschließlich des (nur vorläufigen oder endgültigen?) »Höhepunkts« im Arresum – unterstrichen. Beziehen wir die große Zeitschleife der ES-Entstehung wie auch die Statistiker-Aussage ein, dass eben in jenem Mahlstrom das Erste Thoregon zu suchen sei, gewinnen diese Ereignisse womöglich ebenfalls eine ganz andere Bedeutung.

Noch fehlen leider viele Puzzelteilchen, um das Gesamtbild korrekt zusammenzusetzen, noch bleibt vieles reine Spekulation – sofern die vorliegenden Informationen überhaupt zum Spekulieren ausreichen. Häufig verbirgt sich das eigentlich Maßgebliche nämlich offensichtlich hinter scheinbar vordergründigen Aktivitäten und Aktionen. Es war beispielsweise eben der Schwarm Kys Chamei, aus dem jene Cynos ursprünglich stammten, die in Wassermal zu den Pangalaktischen Statistikern wurden.

Ist da wirklich nur ein Zufall, dass Alaska und Monkey durch den Zeitbrunnen von Trokan aus genau hierher gelangten und an Bord der LEUCHTKRAFT, inmitten einer bizarren Umgebung der pararealen Überlagerungen, mit Dingen konfrontiert wurden, die ihr weiteres Leben mehr als nachhaltig beeinflussen werden?

Der Eindruck verdichtet sich, dass zwischen dem System der – angeblich »erloschenen« beziehungsweise ausgeschalteten – Zeitbrunnen einerseits und der Brücke in die Unendlichkeit samt den damit verbundenen Thoregons andererseits ein Zusammenhang zu besteht. Welcher Zusammenhang das nun genau ist, bleibt vorerst offen, weil das eine den Kosmokraten und das andere den Helioten zugeordnet werden muss. Dass aber ein solcher besteht, scheint inzwischen ziemlich sicher zu sein.

Die SOL ist unterwegs zum Megadom in der Galaxis Salthi, Monkey und Alaska, nun wieder der Mann mit der Maske, haben sich abermals einem Zeitbrunnen anvertraut, und es kann als sicher gelten, dass auch in Tradom noch einige Überraschungen warten, denn die »terranische Spur« wird immer deutlicher. Die Ereignisse steuern ohne Zweifel einem Showdown entgegen, dessen Ausgang völlig offen ist ...

Rainer Castor