PERRY-RHODAN-Kommentar 2111


ANKUNFT IN WASSERMAL


Um das selbst gesteckte Ziel, die Galaxie der Pangalaktischen Statistiker, die etwa 680 Millionen Lichtjahre von Dommrath und rund 700 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist, überhaupt erreichen zu können, waren an Bord der SOL neben der logistischen Herausforderung auch und nicht zuletzt technische Probleme aus dem Weg zu räumen.

Die Hypertakt-Triebwerke im SOL-Mittelteil sowie den SOL-Zellen haben sich zwar bewährt, dennoch ist als Damoklesschwert weiterhin die völlig unbekannte Maximalreichweite anzusehen, weil niemand an Bord vermag zu sagen, ob es nicht über kurz oder lang zu einem Totalausfall kommt.

Allerdings waren die beim Flug nach Wassermal auftretenden Probleme (vorläufig) weniger mit den Hypertakt-Triebwerken an sich verbunden, sondern vielmehr Folge der mit dem Dauerbetrieb verbundenen extremen Belastung des Permanentzapfers, der ihre Energieversorgung sicherzustellen hat. Die SOL-Besatzung war deshalb gezwungen, Redundanzaggregate für das zunächst nur im SOL-Mittelteil vorhandene Aggregat zu bauen.

Mit Mohodeh Kaschas Hilfe und seinem Wissen über die Rittertechnik gelang das Vorhaben, so dass seit Ende 1306 NGZ je zwei Permanentzapfer pro SOL-Einheit zur Verfügung stehen und im gekoppelten Zustand der SOL eine Sechsfach-Redundanz gegeben ist.

Im Spitzenbelastungsbereich können nun bis zu 861 Milliarden Megawatt beziehungsweise 8,61 mal 1017 Watt bereitgestellt werden (beispielsweise zur Verstärkung der Schutzschirme), zu denen noch die 137,5 Milliarden Megawatt von NUG-Schwarzschildreaktoren, normalen Hypertrop-Zapfern und den Gravitrav-Speichern hinzuzurechnen sind. Insgesamt also beachtliche 9,985 mal 1017 Watt, was im Vergleich dennoch wiederum nicht so viel ist: Die Anlagen der LEIF ERIKSSON liefern immerhin eine Leistung von 1 mal 1019 Watt!

In den zurückliegenden Jahren des Fluges konnte dank der Mom’Serimer der Bereich des SOL-Zelle-2-Flansches fast zu fünfzig Prozent aufgeräumt oder rekonstruiert und begehbar gemacht werden, während es beim SZ-1-Flansch immerhin auch schon etwa zwanzig Prozent sind. Sämtliche Mom’Serimer – inzwischen auf rund 110.000 angewachsen! – sind von der provisorischen Unterkunft in der SZ-2 in die Scherbenstadt des SZ-2-Flansches umgesiedelt, die einen Durchmesser von rund 1000 Metern und eine Höhe über viele Decks von etwa 200 Metern erreicht hat.

Von der so genannten Lordklause aus führt Lord Carampo sein Amt als Oberster der Mom’Serimer – und es kann längst kein Zweifel mehr darüber bestehen, dass die quirligen, kurzlebigen Mom’Serimer der neuen Generation, genau wie die meisten menschlichen Besatzungsmitglieder, die SOL als ihre Heimat betrachten.

Die Meinungen über den Pioniergeist der jungen Mom’Serimer gehen allerdings auseinander. Übel wollende Stimmen vergleichen die Scherbenstadt mit einem »Geschwür«, das sich in die Trümmerzone frisst und noch die größten Schwierigkeiten bereiten wird. Freundliche Stimmen sprechen dagegen von einem Vorposten der Zivilisation in einem im Grunde fremden Gebiet. Die Galaktiker haben einen eigenen Spitznamen für die Stadt geprägt; die Scherbenstadt ist für sie Schutt-City.

Allen Aufräumarbeiten zum Trotz bewahren die verbliebenen Trümmerzonen der Flansche ihre Geheimnisse. Fest steht allerdings, dass die SOL nach wie vor in die nach dem ersten Mega-Dom-Durchgang von Tangens dem Falken festgestellte psionische Aura gehüllt ist: Das Phänomen lässt sich nicht präzisieren, weil die schwache psionische Strahlung an der Grenze des Messbaren im ultrahochfrequenten Bereich angesiedelt ist. Ihre Amplitude wächst allerdings, je höher sie im Hyperspektrum angesiedelt ist. Eine Messung über die Schwelle von acht mal 1017 Kalup hinaus ist nicht möglich, es gilt aber als sicher, dass der größte Teil der Strahlung in dem nicht messbaren Spektralbereich liegt. Exakt ortbare Quellen gibt es nicht, was offensichtlich nichts anderes heißt, als dass die SOL als Ganzes strahlt und in diese Aura eingebettet ist.

Ob auch hier die SOL-Flansche oder ihre unbekannten Inhalte eine Rolle spielen, kann derzeit nicht beantwortet werden. Wie das Auffinden von Sershan Contagi Peiragon bewies, müssen wir wohl noch mit einigen Überraschungen rechnen: Als »Krieger der Kosmokraten« war er seinerzeit in die Galaxie Kohagen-Pasmereix entsandt worden, als dort ein neuer Orden der Ritter der Tiefe gegründet werden sollte – ein Ritterorden, der offensichtlich weniger dem Frieden verpflichtet war, sondern den Kosmokraten als »Schwertarm« hatte dienen sollen.

Peiragon war als der erste Ritter dieses Ordens vorgesehen gewesen, aber schon lange des Krieges und der Vernichtungsschlachten müde geworden. Weil er den Kosmokraten die Gefolgschaft verweigerte, bestraften sie seinen Ungehorsam, indem sie ihn in Stasis versetzten und in einen transparenten Sarg sperrten. Über den Umweg MATERIA gelangte er dann auf die SOL ...

Wassermal oder Akhimzabar ist Teil einer Galaxiengruppe, die – ähnlich wie das Reich Tradom, von dem man aber an Bord der SOL nichts weiß – auf der Erde zu einer »Hickson Compact Group« gerechnet wird. Am irdischen Himmel befindet sich die Konstellation von HCG 55 im Sternbild Draco (Drache), die fünf Einzelgalaxien scheinen wie auf einer Perlenkette aufgereiht und die Distanz beträgt zwischen 674 und knapp 700 Millionen Lichtjahre.

Hierbei ist HCG 55C der Erde am nächsten, eine Balkenspirale vom Typ SBa mit einem Durchmesser von 110.000 Lichtjahren und dem Eigennamen Ilaneon, gefolgt von HCG 55B alias Salthi und HCG 55E oder Amlonnotharab. Wassermal ist HCG 55A, eine Spiralgalaxie vom Typ Sa mit 200 Milliarden Sonnenmassen und einem Durchmesser von 90.000 Lichtjahren. Die direkt benachbarte kleine Sterneninsel HCG 55D, Eigenname Zagadra, befindet sich nur 45.000 »unterhalb« von Wassermal, wobei sich beide Sterneninseln gegenseitig beeinflussen.

Rainer Castor