Die Entwicklung der meisten Zivilisationen, die den Weg einer technologisch geprägten einschlagen, ist überaus eng mit den von ihnen verwendeten Materialien verbunden. Das reicht von der Verwendung von Holz, Knochen und Stein über die erste Metallverarbeitung bis hin zu weitaus »exotischeren« Substanzen wie den Hyperkristallen, die für eine Ausnutzung der mit dem übergeordneten Kontinuum verbundenen Möglichkeiten unabdingbar sind. Schon die Umschreibung von Stein-, Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit kennzeichnet diese eher grobe Einordnung.
Während jedoch zunächst noch rein »konventionelle« physikalische und chemische Kenntnisse ausreichen, um mit diesen Materialien umzugehen und gegebenenfalls an spezifische Forderungen anzupassen, ist mit den in der Hypertechnik zur Anwendung kommenden Gesetzmäßigkeiten ein Wandel und eine Erweiterung verbunden, bei denen die ausschließlich konventionelle Betrachtung nicht mehr ausreicht.
Die als exotisch bezeichneten Materialien sprengen nämlich gemeinhin den Rahmen dessen, was wir als »normale Materie« kennen. Es muß sich hierbei nicht gleich um solche wie beim Carit handeln, das mikroskopische Spuren von Ultimatem Stoff enthält. Aber wir haben es nicht länger »nur« mit Atomen, Molekülen und Ionen, mehr oder weniger komplexen chemischen Verbindungen oder speziellen Legierungen zu tun, sondern mit merkwürdigen Zwittergebilden, die zumindest zu einem Teil nicht dem Standarduniversum angehören und eben aus diesem Grund eine erweiterte Anwendung ermöglichen.
Vereinfachend läßt sich sagen, daß letztlich in sämtlicher Materie ein gewisser Prozentsatz eben dieser exotischen Ausprägungen steckt – ähnlich wie jedes Element im Periodensystem aus verschiedenen Isotopen besteht, bei denen zwar die Zahl der Protonen im Kern (Kernladungs- oder Ordnungszahl) gleich ist, nicht jedoch die der Neutronen, so daß es einen physikalischen Unterschied gibt, während das von den Elektronen bestimmte chemische Verhalten der Isotope des gleichen Elements weitgehend identisch ist (nur bei den leichten Elementen gibt es geringfügige Abweichungen).
Mit einer Klasse dieser exotischen Materialien haben wir uns schon im Zusammenhang mit den Hyperkristallen beschäftigt (siehe PR-Kommentar 2082). Auch für die übrigen Erscheinungsformen gilt, daß es sich um die Kombination von konventioneller Materie mit variabler, zufallsbedingter Hyperenergie-Materialisation handelt, um etwas, daß als »pseudomaterielle« Struktur mehr oder weniger stabile Stofflichkeit gewinnt.
Zu den bekanntesten gehört Luurs-Metall, unter anderem zur Kennzeichnung der Galax-Noten oder im Cholitt der arkonidischen Chronners-Lochmünzen verwendet. Es handelt sich hierbei um gediegen vorkommende Edelmetalle – vor allem Gold, Silber und Platin – des Planeten Luurs, die aufgrund der hyperphysikalischen Anteile den Hyperkristallen ähneln, jedoch nicht wie diese an Quarz gebunden sind. Die Besonderheit von Luurs-Metall ist die stets gleichbleibende, von den Außenbedingungen unabhängige Temperatur von exakt 3,4336715781 Grad Celsius.
In Form von Wärme zugeführte Energie wird nämlich in den Hyperraum abgegeben, und ist die Umgebung kälter, fließt Energie aus dem Hyperraum ab, so daß die Temperaturkonstanz erhalten bleibt – das Phänomen wird also von hyperenergetischen Sekundäremissionen begleitet, deren Charakteristik unverkennbar ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß eine vergleichbare Temperaturkonstanz auch bei Objekten mit einer negativen Strangeness beobachtet wurde ...
An anderes Beispiel ist PEW-Metall – auch Parabio-Emotionaler-Wandelstoff genannt: Von den Wissenschaftlern als Howalgonium-Sextagonium-Zwitter bezeichnet, handelt es sich um einen Hyperstrahler mit sechsdimensionaler Tastresonanz. In der Paramag-Sprache »Payn-Hrun-Tala«, »Leben im Höchstmaß«, genannt, verwandelt sich durch hyperenergetische Strahlung das zunächst weiche und biegsame Material von stumpfgrauer Farbe in eine türkisschillernde, diamantharte Substanz und wird selbst zum 5-D-Strahler. CV-Embinium schließlich heißt das exotische Material, das zur Herstellung der terranischen PsIso-Netze benötigt wird. Diese wurden wegen des massiven Auftretens der Monochrom-Mutanten aus den Psi-Reflektornetzen entwickelt, die schon in Chearth beste Erfolge gegen Psi-Einflüsse erzielen konnten, und erwiesen sich als wirksamer Schutz zunächst gegen Morkhero und dann gegen die »Hand-Übernahme« der Superintelligenz SEELENQUELL.
Das »CV« ist die römische Ziffer 105 als Kennzeichen für das als 105. gefundene hyperphysikalisch ausgezeichnete Material. Chemisch und physikalisch handelt es sich »eigentlich« um gediegenes Nickel, welches in der Natur im allgemeinen ohnehin nur in Meteoriten vorkommt.
Bei genauerer Betrachtung haben wir es aber erstens ausschließlich mit dem Nickel-60-Isotop zu tun, dessen natürliches Vorkommen 26,1 Prozent ausmacht, und zweitens um solches, das einen hohen Prozentsatz permanent fluktuierender Hyperbarie-Anteile aufweist und somit fast einem Hyperkristall gleicht. Im Gegensatz zu einem solchen wird jedoch keine Hyperstrahlung emittiert, sondern diese – vor allem im unteren Hyper-Psi-Bereich – zunächst absorbiert und bei Sättigung nebenwirkungsfrei in den Hyperraum ableitet.
Somit werden die meisten Para-Einflüsse ausgeschaltet wie auch einem Zugriff durch SEELENQUELL entgegengewirkt, während der Dryhanensinn unbeeinträchtigt bleibt. Neue und intensive Untersuchungen – vor allem mit Blick auf die bei den arkonidischen KrIso-Netzen vorgenommene Modifikation durch Hyperkristalleinschlüsse – lassen vermuten, daß CV-Embinium ähnlich wie PEW-Metall eine Art »Zwitter« darstellt und noch nicht genauer klassifizierte Wirkungen im Sextadim-Bereich aufweisen könnte.
Rainer Castor