PERRY-RHODAN-Kommentar 2084


MINIATURUNIVERSEN (I)


In die Hülle der sogenannten Wolkenkapsel sind 612.000 Kabinette ZENTAPHERS eingebettet. Die betretbare Fläche der Einzelkabinette erwies sich bislang stets als quadratisch, bei einer Größe, die im Mittel wohl bei etwa fünfzehn mal fünfzehn Kilometern liegen dürfte.

Hochgerechnet auf den Gesamtfläche ergibt sich somit ein geschätzter Wert von etwa 138 Millionen Quadratkilometern – und das »zusammengepackt« in eine Kugelenklave, die als Dunkle Null einen Außendurchmesser von 36, aber einen Innendurchmesser von 38 Kilometern erreicht. Eine immense Größe, wenn wir bedenken, daß die Oberfläche der Erde rund 510 Millionen Quadratkilometer beträgt ...

Vor diesem Hintergrund verwundert es keineswegs, daß die Kabinette – so auch die bisherigen Beobachtungen – durch Strangeness-Barrieren oder -Schichten voneinander getrennt sind. Vom Ergebnis her kann demnach für jedes einzelne mit voller Berechtigung davon gesprochen werden, daß es sich um ein separiertes Miniaturuniversum handelt.

Nun sind »Miniaturuniversen« an sich nicht so ungewöhnlich, wie es auf den ersten Blick vielleicht erscheint, aber in dieser Ballung und komplexen Verschachtelung stellen sie dennoch ein Novum dar. Hinzu kommt, daß es auch qualitative Unterschiede gibt, die bei unserer Betrachtung berücksichtigt werden müssen.

Als vom übrigen Standarduniversum abgetrennte Bereiche begegnen uns »Miniaturuniversen« schon, sobald es sich um den Einstieg in die Hyperphysik samt der daraus abgeleiteten Formen überlichtschneller Fortbewegung dreht – denn anders ließe sich dem guten alten Herrn Einstein keine lange Nase zeigen (oder, seinem berühmten Beispiel folgend, die Zunge herausstrecken ...).

Als einfachste, angesichts hoher Beschleunigungswerte unabdingbare Form solcher Enklaven erweisen sich diejenigen, die als »unvollständig geschlossene Strukturfelder« bezeichnet werden: Innerhalb ihres Wirkungsbereichs entsteht eine Mischzone zwischen konventioneller und übergeordneter Struktur, verbunden mit dem Effekt, daß Wechselwirkungen mit dem Standarduniversum bis zu einem gewissen Grad »verdrängt« und somit (nahezu) nicht wirksam werden.

Diese auch »beruhigten Zonen« genannten Gebiete fallen unter die Umschreibung Semitransition oder Semimanifestation; letzteres keineswegs im »esoterischen« Sinne verwendet, sondern – von semi, lateinisch für »halb, teilweise« und manifestus für »handgreiflich machen« – im Gegensatz zu »bloßer« Materialisation dann verwendet, wenn es sich um eine »ganzheitliche Verkörperung« dreht, die auch »unstoffliche Qualitäten« einschließt (also Dinge, die mit Bewußtsein, Geist, Seele, ÜBSEF-Konstante und dergleichen verbunden werden).

Da definitionsgemäß dem (Grenz-)Wert von exakt einem Kalup der Übergang zum »in sich geschlossenen Strukturfeld« zugewiesen wird, verbunden mit dem Übergang zum n-dimensional-übergeordneten Kontinuum im Sinne einer Entmaterialisation, haben wir es im Bereich von 0 bis 999,99-Periode Millikalup (mKl abgekürzt) mit dem der Semimanifestation zu tun, wobei die eigentliche »Entrückung« erst ab etwa 750 mKl deutliche Wirkung zeigt.

Erst der Übergang von der reinen Transitions- zur Halbraum-Technologie eröffnet auch erweiterte Anwendungsmöglichkeiten hinsichtlich der Miniaturuniversen, da hierbei – wie beim Kalupschen Kompensationsfeld gezeigt – zwar das Eindringen in das übergeordnete Kontinuum stattfindet, gleichzeitig aber eine Enklave geschaffen wird, die ein Stück vertrauter Raumzeit beibehält.

Solche lokal begrenzten Universalstrukturen werden auch Raumzeitnischen genannt oder, sofern es sich um völlig separierte Teilkontinua handelt, als Hypervakuolen umschrieben. Letzteres ist eine Ableitung des in der Biologie gebräuchlichen Begriffs Vakuole, der die mit Zellsäften gefüllten Hohlräume des Protoplasmas von Zellen umschriebt. Gemeint ist also eine Kontinuumsblase, ausgestattet mit normaler raumzeitlicher Metrik – sprich ein separates Miniaturuniversum.

In Erweiterung der bei der Halbraum-Technologie zum Einsatz kommenden Anwendungen ergaben sich jene durch den Einstieg in die Paratron-Technologie, da hierbei im erweiterten Sinne eigenständige Raum-Zeit-Strukturen erstellt werden können, die über die mit überlichtschnellen Triebwerken verbundenen hinausgehen. Als Beispiel seien die stationär in das Hyperkontinuum eingelagerten Para-Arsenale der Zweitkonditionierten genannt.

Auf der Basis des Paratrons wurde schließlich für das Metagrav-Triebwerk auch die Grigoroff-Schicht entwickelt, ein geschlossenes Kraftfeld, die das Raumschiff von den Einflüssen des Hyperraums abschirmt und ihm ebenfalls ein eigenständiges Miniaturuniversum zuweist. Benannt wurde sie nach dem auf Olymp tätigen Hyperphysiker Igor Grigoroff, 137 bis 312 NGZ, der die von Payne Hamiller hinterlassenen theoretischen Grundlagen des Metagrav-Konzeptes praktisch umsetzte. Erste Tests von Metagrav-Prototypen erfolgten schon 295 NGZ.

Neben diesen technischen Umsetzungen, die Miniaturuniversen nur in begrenztem Rahmen und Umfang erstellen, gibt es noch eine Reihe von natürlichen Erscheinungen, die beispielsweise mit Effekten von Hyperstürmen oder Raumzeitfalten in Verbindung stehen. Orte, an denen eine Unstetigkeit des Raum-Zeit-Gefüges von Natur aus existiert und durch die man in ein benachbartes Universum gelangt, das ebenso im Sinne einer raumzeitlich begrenzten Zone wie auch als vollständiges Paralleluniversum in Erscheinung treten kann.

Raum-Zeit-Falten wiederum können auch künstlich geschaffen werden, wie der bis zum Jahr 1146 NGZ von den Halutern geschaffene Hyperdim-Resonator zeigte: Bei ihm interferierte die Strahlung zweier oder mehrerer Resonatoren miteinander, wobei sich der Resonanz-Effekt nur mit superhochfrequenter Hyperstrahlung erzielen ließ.

Rainer Castor