PERRY-RHODAN-Kommentar 2066


DIE ARKONIDISCHE MONARCHIE


Die humanoiden, sehr menschenähnlichen Arkoniden, im Durchschnitt einen Meter achtzig bis zwei Meter groß, stammen von akonischen Kolonisten ab und gehören somit der lemurischen Völkerfamilie an, sind also Nachkommen der Ersten Menschheit. Werden altarkonidische Legenden berücksichtigt – vor allem die Heroen-Sagas – und dem »Land Arbaraith«, häufig als eigentliche Urheimat der Arkoniden bezeichnet, mehr als ein Körnchen Wahrheit zugeschrieben, muß einkalkuliert werden, daß es sich bei den Arkoniden um direkte Lemur-Nachkommen handelt, die sich jedoch mit den Akon-Lemurern (Akonen) vermischten und schließlich als Arkoniden im Kugelsternhaufen Thantur-Lok (»Thanturs Ziel«; die terranische Bezeichnung dafür lautet M 13 oder NGC 6205) einen eigenen Weg gingen.

In der arkonidischen Gesellschaft sind beide Geschlechter gleichberechtigt; die im öffentlichen und politischen Leben nach außen hin scheinbar dominierende Rolle der Männer besitzt in der starken, wenn auch introvertierteren Stellung der Frau ein klares Gegengewicht, dem eine maßgebliche Bindungsfunktion zugeschrieben wird.

Im übrigen ist die Arkongesellschaft aristokratisch geprägt. Die Mitglieder der großen Familien – die Khasurn der Ragnaari, Zoltral, Gonozal, Quertamagin, Orcast, Monotos, Orbanaschol, Tutmor, Tereomir, Anlaan, Metzat, Thetaran, Arthamin, Ariga und viele mehr – kontrollieren die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Schlüsselfunktionen. Zum Teil haben wir es hierbei mit Familienverbänden von mehreren hunderttausend Einzelmitgliedern zu tun!

Von Zeiten tyrannischer oder absolutistischer Herrschaft abgesehen, handelt es sich bei der Regierungsform Arkons um eine parlamentarische Monarchie, in der allerdings dem jeweiligen Imperator als Staats- und Regierungschef sowie Oberbefehlshaber der Flotte (Begam) stets eine starke Rolle zugewiesen war.

Regierungssitz war und ist traditionell der Kristallpalast auf dem Hügel der Weisen (Thek-Laktran) von Arkon I. Neben dem Imperator an der Spitze fungiert der Berlen Than (Zwölferrat) im Sinne eines Unterausschusses des Tai Than (Großer Rat mit 128 Ex-officio-Mitgliedern) als maßgebliches Regierungsgremium – einem Kabinett mit seinen Ministern vergleichbar –, in dem die Entscheidungen vorbereitet und diskutiert werden. Im erweiterten Kreis des Großen Rates mit seinen »untergeordneten Ministern« folgt die weitere Debatte.

Wie stark ein Imperator tatsächlich werden konnte, hing weitgehend von dem Gegengewicht ab, das ihm seine direkte Regierungsmannschaft des Zwölferrates, der Große Rat sowie das frei vom Volk gewählte Parlament des Hohen Rates (Thi Than) entgegenstellten.

Weiterhin war – schon unter dem Aspekt der immensen Größe des alten Arkon-Imperiums! – zu berücksichtigen, daß der Imperator zwar letztlich über Besitzansprüche, Handelsrechte, Autarkiebestrebungen und dergleichen entschied.

Aber hierbei war als Entscheidungsträger die Imperiale Ebene – mit Imperator, Tai und Thi Than, Flottenzentralkommando, dem Präsidium der Justiz von Celkar sowie die Kontrollfunktion der Medien – von der der Planetaren Selbstverwaltung autonomer Welten und Ökoformsphären ebenso zu unterscheiden wie die der Herzogtümer völlig autarker Habitate der Raumnomadenclans oder der Herzoglehen des Adels, welche im allgemeinen mehr als hundert Sonnensysteme umfaßten.

Sogar mit bester positronischer Unterstützung war es seinerzeit nicht möglich, sich um alle Einzelheiten zu kümmern. Aus den Herzogtümern ging nach Zerfall des Vereinten Imperiums in den Jahren nach 2329 ein Flickenteppich einander konkurrierender oder gar bekämpfender Duodez-Monarchien hervor.

Vor diesem Hintergrund war auch der verfassungsmäßig verankerte Grundsatz der Erbmonarchie zu sehen: Zwar war als Kristallprinz (Gos’athor) jeweils der leibliche Sohn eines Imperators designierter Nachfolger im Imperium, im Todesfall ohne Nachkommen bestimmte aber der Große Rat aus den Reihen der Adelsfamilien einen neuen Imperator; bei erwiesener Unfähigkeit und eklatantem Versagen konnte der Herrscher auf dem Kristallthron sogar abgesetzt werden.

Die Ratsmitglieder waren und sind laut Verfassung grundsätzlich zwar wissenschaftlich ausgebildet, stammen aber aus Flotte, Kristallpalast, Diplomatie, Geheimdienst, Wirtschaft und Verwaltung. Zudem repräsentieren sie die wichtigsten Khasurn, so daß sie, mit dem Imperator als Vorsitzendem, in den »Rats-Ausschüssen« wie beispielsweise dem »Medizinischen Rat« oder dem »Thektran« des Flottenzentralkommandos das oberste Exekutivgremium darstellen.

Zweimal je 36-Tage-Periode eines »Arkonmonats« sind Sitzungen anberaumt, in denen der Imperator Rechenschaft abzulegen, Sorgen, Nöte und Probleme zu besprechen hat, während die Ratsmitglieder im Gegenzug Vorschläge, Anträge und Ausführungsberichte liefern. Die ersten drei Tage einer jeden der zehn Perioden des Arkonjahres sind überdies der Generaldebatte von Großem und Hohem Rat vorbehalten; für Entschlüsse zu Richtlinien seiner Politik benötigt der Imperator qualifiziert-absolute Mehrheiten von 51 Prozent. Die endgültige Verabschiedung von Gesetzen erfolgt im Thi Than.

Überall besitzt der Imperator zwar Vetorecht, kann aber überstimmt werden. Im umgekehrten Fall kann ein Imperator durch Einsetzung und Förderung von Günstlingen, durch Korruption und dergleichen und mit Bezug auf »Notstandsgesetze« diktatorische Macht an sich ziehen: Solches war in der Früh- und Hauptexpansionszeit meist mit Krisenphasen verknüpft. Als Beispiel diente stets Orbanaschol III.; er ermordete mit seinen Helfern Atlans Vater, gleichzeitig weitete sich der Methankrieg aus. Mit Fortschreiten der arkonidischen Degeneration kam solches häufiger vor – bis auch die Imperatoren selbst zu träge wurden ...

Rainer Castor