Über- und Unterdruck, Hitze und Kälte, Giftgas, Strahlungen, Vibrationen und primitive Waffenwirkungen werden von dem Galornenanzug absorbiert und vom Träger abgehalten: Wie bei einem SERUN ist es eine Techno-Welt in Miniatur, die Perry Rhodan auch in widrigen Umweltbedingungen eine eigenständige, in sich geschlossene Ökosphäre zur Verfügung stellt, einschließlich einer maximalen Hautfreundlichkeit und eines funktionierenden Mikroklima.
Die zugrunde liegende Technik vor allem mit Blick auf Regeneration, Aufbereitung, Ver- und Entsorgung umfaßt ein erstklassiges Verständnis über die Neukonfiguration anorganischer und organischer Moleküle, die sanfte Trennung und Rekombination von Verbindungen auf engstem Raum in nanorobotischen Mikro-Clustern nach Art lebender Zellgruppen sowie die vollständige Vernichtung durch Desintegration giftiger Reststoffe.
Über die vielfältigen Nanoroboter kommen bei der Wiederaufbereitung chemische, physikalische wie auch bakterielle Prozesse zum Einsatz, in einigen Fällen auch solche auf hyperenergetischer Basis.
Eine vom SERUN her bekannte Cybermed-Einheit dient der medizinischen Überwachung, Diagnostik und dem bei Bedarf notwendigen therapeutischen Eingriff: Zur Verfügung steht ein ausreichender Vorrat an Pharmaka, Sedativa, Analgetika, Analeptika und Seren zur Behandlung im physischen wie psychischen Bereich. Sollte es sich als notwendig erweisen, kann sogar ein komaähnlicher Tiefschlaf herbeigeführt werden, um die Zeit bis zur intensiven medizinischen Hilfe zu überbrücken.
In den Anzug selbst ist kein Helm eingebaut, statt dessen wird eine transparente Formenergiesphäre projiziert: Der Kragen zeigt ein gelbgoldenes Lumineszenzleuchten, sofern der an eine Seifenblase erinnernde Kugelhelm aktiviert ist. Rhodan kann den halbrund vor dem Kinn aufragenden Kragenausleger wie auch den Helm an sich multimedial nutzen, für Ortungsdarstellungen, Datenübertragungen oder Bildfunkgespräche.
Eine ganze Gruppe von empfindlichen Sensoren mit Orter- und Tasterfunktion auf konventioneller wie hyperenergetischer Basis dient der Außenwahrnehmung. Die vom Pikosyn rechnerisch mitunter aufbereiteten Ergebnisse werden auf der Helminnenseite dargestellt – hierzu gehört die Ausweitung des optisch sichtbaren Spektrums auf angrenzende Bereiche wie Infrarot und Ultraviolett, eine Antiflex-Funktion zur Deflektor-Kompensierung, Restlichtaufhellung, Vergrößerungsschaltung und dergleichen mehr. Rechnersimulationen sind ebenso abbildbar wie Einzelparameter der Außenanalyse oder Funktionsparameter des Anzugs und seiner Geräte selbst.
Steuerung und Rückmeldung, Befehlsgebung und Kommunikation zwischen Perry Rhodan und dem Pikosyn erfolgen akustisch oder per paramechanischem Gedankenkontakt, der in primitiverer Weise schon von den arkonidischen Fiktiv- und Simulationsprojektoren her bekannt ist und in deutlich verfeinerter Form bei der SERT-Steuerung zum Einsatz kommt.
Das robotisch-lebendige Zwittergeschöpf Moo läßt sich über die Halskrause fernsteuern, ist schwebe- und flugfähig, mit einem eigenen Schutzschirm und diversen Werkzeugen ausgestattet – einsetzbar als Scout, Spion, für Reparaturzwecke oder sogar weitgehend autark handlungsfähig, sofern Rhodan ihn in Aktiv-Modus versetzt hat. Äußerlich ist Moo einem kleinen, scheinbar aus Quecksilber geformten Galornen nachempfunden, sein biotechnisches »Innenleben« entzieht sich einer direkten Analyse. Die These, es handele sich um eine syntronische Hauptkomponente mit Bioteil und angeschlossenen nanorobotischen Funktionsmodulen, bliebt bis auf weiteres eine zwar wahrscheinliche, jedoch unbestätigte Vermutung.
Zu den in den Anzug integrierten Mikroaggregaten gehören neben einer autarken Energieversorgung in Gestalt mehrerer winziger Gravitraf-Speicher vor allem die Mikrowandler des Lebenserhaltungs- und Innenklimatisierungssystems ebenso wie die Projektoren für einen leistungsstarken Individualschirm auf der Basis eines tiefblauen Galornenfeldes, solche für eine Deflektor- und Antiortungssphäre oder jene eines einem Gravo-Pak gleichenden Triebwerkssystems, das sich aus einem Antigrav, dem Mikrogravitator und -gravoneutralisator sowie dem gravopulsähnlichen Antrieb samt automatischem Lagestabilisator zusammensetzt. Der Gravopuls-Antrieb arbeitet mit gepulsten gravomechanischen Kraftfeldern, die Beschleunigung und Richtungswechsel ermöglichen; die akustische oder gedankliche Steuerung des Gravo-Paks, die sogenannte Vektorierung, wird selbstverständlich vom Pikosyn unterstützt.
Daß bei aller technischen Perfektion der Galornenanzug auch seine Schwächen hat, haben die jüngsten Ereignisse mehr als deutlich bewiesen: Zwar konnte er Perry Rhodan an Bord der MELBAR KASOM das Leben retten, und auch die automatischen Selbstreparaturmechanismen haben die »rein mechanischen« Schäden schnell beseitigt, aber in seiner gesamten Art war er nie im Sinne eines Kampfanzugs angelegt, sondern wurde als Instrument des Friedens geschaffen.
Wer sich die Mentalität der Galornen vor Augen führt, braucht sich eigentlich nicht zu wundern, daß angesichts der Entwicklung ein Schock folgte, quasi ein innerer moralischer Kollaps, der den Anzug und Moo außer Funktion setzte. Erst die Hilfe durch die Zweite Thoregon-Botin Druu Katsyria, die die Last und Schuld von dem Anzug nahm, gab diesem die volle Funktionstüchtigkeit zurück.
Es steht zu befürchten, daß dieses Ereignis nicht die letzte Überraschung war, die Perry Rhodan mit seinem blauen Anzug erlebte. Auch wenn ihn Moo und der Pikosyn über die grundlegenden Funktionsprinzipien informiert haben, bleiben die Konstruktionsdetails offen, so daß auf absehbare Zeit an einen Nachbau durch Terraner wohl nicht zu denken ist.
Rainer Castor