PERRY-RHODAN-Kommentar 2029


DIE RAUMFLOTTE DES GOS’TUSSAN (II)


Mit Gaumarol da Bostich wurde nach der Ermordung der Imperatrice Theta da Ariga von Arkon am 5. März 1240 NGZ ein Mann als Imperator Bostich I. inthronisiert, der zunächst als »blasser, etwas farbloser Verwaltungsfachmann« und Marionette der eigentlichen Drahtzieher im Hintergrund galt. Das von den Ersten Terranern Buddcio Grigor und Medros Eavan aufwendig in Angriff genommene »Verteidigungsprogramm« – begründet in der arkonidischen Bedrohung – wurde von entsprechenden Gegenprogrammen des Kristallimperiums beantwortet.

Nachträglich betrachtet kann als sicher gelten, daß sich Arkon schon in den 60er Jahren des 13. Jahrhunderts NGZ als stärkste Militärmacht in der Galaxis etablierte. Ins Bewußtsein der Öffentlichkeit trat diese Tatsache vor allem deshalb nicht so sehr, weil sich nach außen hin Arkons Politik etwas mäßigte. Die Expansion der zurückliegenden Jahrzehnte in Verbindung mit dem Ausbau der Flotte war selbst mit der gewaltigen Wirtschaftskraft des Gos’Tussan nicht so ohne weiteres zu meistern.

Am 15. Januar 1278 NGZ unterlag in einer vorgezogenen Neuwahl des Ersten Terraners Medros Eavan der bis dato unbekannten Kandidation Paola Daschmagan. Fortan verzichtete die LFT darauf, öffentlich die Muskeln spielen zu lassen. Dieses Vorgehen sicherte Paola zwar auf lange Zeit den Posten der Ersten Terranerin, hinderte aber weder Kristallimperium noch Forum Raglund daran, auf rege Agententätigkeit, feindselige Drohgebärden und eine weiterhin forcierte Aufrüstung zu setzen. In einem Flottenneubauprogramm erfolgte im Kristallimperium die Erweiterung des ATLANTIS-Grundtyps auch auf Einheiten von 800 Metern und schließlich von 1500 Metern Durchmesser.

Trotz ihrer grundsätzlichen Zurückhaltung setzte die Erste Terranerin ebenfalls auf die LFT-Flotte: 1281 NGZ wurde mit der PAPERMOON die neue, noch von Geo Sheremdoc auf den Weg gebrachte NOVA-Klasse in Dienst gestellt, die Gesamt»flotte« jedoch auf 60 Einheiten begrenzt. Andererseits beschritt man mit der Entwicklung der LFT-Experimentalflotten und weiterer Prototypen neue Wege: Ende der 80er Jahre wurden die 1. und 2. LFT-Experimentalflotte in Dienst gestellt – jeweils 126 Schiffe, von denen 120 als 200-Meter-Typen der REMOTE-Klasse auf der Basis von PROTOS-Raumern vollständig unbemannt waren, während die Steuerung die sechs HOST-Schiffe vom 500-Meter-ODIN-Typ übernahmen.

Wie die Strategieplanungen für den Angriff auf MATERIA ergaben, war das terranische HOST-REMOTE-System von Agenten des Tu-Ra-Cel ausspioniert worden. Auf Arkon liefen aber ohnehin vergleichbare Forschungen, schließlich basierte das Prinzip auf dem Vorbild der Flotte des arkonidischen Robotregenten.

Mit Blick auf die Indienststellung der NOVA-Raumer hatte man im Kristallimperium zur selben Zeit vor allem den Bau von 800-Meter-Schlachtschiffen der KOBAN-Klasse vorangetrieben, dann jene der Tender-Bauweise nach dem Vorbild der ATLANTIS-Basisversion. Geplant war zunächst, daß diese Raumer als Geschwader jeweils mit einem Mega-Flottentender von 4800 Metern Durchmesser in den Einsatz gehen sollten – doch bereits Entwicklung, Bau und Unterhaltung des ersten und einzigen Prototyps machte klar, daß dieses Vorhaben in eine Sackgasse lief: Die SHE’HUAN wurde dann bekanntlich an die Haluter verkauft.

Schon im Frühjahr 1290 NGZ hatte Imperator Bostich erklärt, daß »die« Arkoniden als die rechtmäßigen Erben der Milchstraße deutliche Zeichen zu setzen beabsichtigten, die ihre Führungsrolle nicht nur herausstrichen, sondern auch unstrittig machen sollten. Im Januar 1291 NGZ erreichte allein die im Arkonsystem stationierte Heimatflotte einen Umfang von 100.000 Einheiten. Bei der Schlacht gegen MATERIA setzte Bostich darüber hinaus neben der Thronflotte ARK’IMPEROIN insgesamt 88.075 Kampfschiffe ein.

Sein expansionistisches Gebaren bis zur Gegenwart basierte zwangsläufig auf dem weiter forcierten Flottenausbau, bei dem unter anderem verstärkt auf HOST-REMOTE-Geschwader gesetzt wurde. Hierbei waren deutlich weniger Besatzungen nötig, ohne daß die Kampfkraft sonderlich eingeschränkt gewesen wäre – überdies fragten »Roboter« nicht, wenn Straf- und ähnliche Aktionen befohlen wurden. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, daß Imperator Bostich inzwischen an die 500.000 dezentralisiert stationierte Kampfeinheiten aller Größen zur Verfügung stehen.

Zum Kristallimperium gehören im Jahr 1303 NGZ 12.500 bewohnte Planeten, hinzu kommen gut 20.000 Welten unter wirtschaftlicher Kontrolle. Von den direkt unterworfenen Systemen und Welten sind etwa 1000 im Kugelsternhaufen Thantur-Lok selbst zu finden – hierbei kommt in der Sicherungs- und Überwachungsfunktion die Heimatflotte zum Tragen, so daß die Schiffe bei Bedarf sehr schnell im Arkonsystem zusammengezogen werden können. Um die anderen 11.500 Systeme »unter dem Deckel« zu halten, sind allein schon 200.000 Einheiten direkt gebunden; fest stationiert je System zwar jeweils »nur« 11 – insgesamt dennoch 126.500, während die verbleibenden 73.500 der Patrouille und als Krisenunterstützung für die übrigen dienen.

Mit jedem weiteren vom Kristallimperium unterworfenen Sonnensystem wird also die »Manövriermasse« der eigentlichen mobilen Kampfverbände der Imperiumsflotten kleiner, und es ist abzusehen, wann trotz hochgradig angekurbelter weiterer Raumschiffproduktion sämtliche Einheiten vor Ort gebunden sind.

Imperator Bostich steckt angesichts seiner überaus ehrgeizigen Pläne also gleich in mehrfacher Hinsicht in der Klemme, denn die wirtschaftlichen Auswirkungen, die das ganze Vorhanden zeitigt, sind ebenfalls nicht zu verachten. Sie reichen von galoppierender Inflation bis hin zur drohenden Pleite des Kristallimperiums insgesamt. Von den Personalproblemen und den durch Verluste entstehenden Schwierigkeiten ganz zu schweigen ...

Rainer Castor