PERRY-RHODAN-Kommentar 2021


MACHTVAKUUM


Während sich der vorliegende Band in erster Linie den Monochrom-Mutanten und ihrem Schicksal widmet, soll in diesem Kommentar mehr auf die Zusammenhänge im Hintergrund eingegangen werden. Denn im Gegensatz zu Perry Rhodan und seinen Gefährten sind uns ja auch jene Informationen zugänglich, die an Bord der SOL in ferner Vergangenheit gewonnen werden. Und hierbei gewinnt ein Schlüsselbegriff immer größere Bedeutung – nämlich Machtvakuum!

Hintergrund das Ganzen ist selbstverständlich das weiterhin recht undurchsichtige Projekt namens Thoregon, mit dem sich mehr Fragen als Antworten verbinden. Selbst wenn wir Dinge wie die Brücke in die Unendlichkeit, Mega-Dome und die rätselhafte Rolle der Helioten einmal ausklammern, bietet der Rest genügend Anlaß zur Skepsis.

Die grundlegenden Mechanismen, die mit einem Thoregon zusammenhängen, sind inzwischen bekannt: Extreme physikalische und hyperphysikalische Bedingungen lassen nach rein statistischen Gesetzmäßigkeiten immer wieder Zonen Absoluter Vakua entstehen, die normalerweise von begrenzter Lebensdauer sind und wieder verschwinden – es sei denn, eine oder mehrere Superintelligenzen können diese Zone stabilisieren. Die maximal mögliche Anzahl ist hierbei abhängig von der Größe des PULS; im PULS von DaGlausch fanden sechs Superintelligenzen Platz, in jenem von Segafrendo nur ESTARTU.

Bekannt ist weiterhin, daß ein PULS sich dem Zugriff der Hohen Mächte des Kosmos mangels des Entstehens Virtueller Quanten entzieht; der »Ereignishorizont« ist weder von den Einflüssen der Kosmonukleotide des Moralischen Kodes noch von den Hohen Mächten des Kosmos zu überwinden – wobei wir bei letzteren der Einfachheit halber davon ausgehen, daß es für Kosmokraten wie für Chaotarchen gilt.

Was würde eigentlich passieren, würde der PULS nicht nur stabilisiert, sondern sogar ausgedehnt? Könnte langfristig ein eigenständiges Universum entstehen, eines, das nicht in den Bereich des bislang als »geschlossen« betrachteten Multiversums gehört? Ein expandierendes Universum, in dem dann normale Quantenfluktuationen entstehen, die jedoch weiterhin »außerhalb« blieben, weil auf das »Innere« dieses Universums beschränkt? Ein Universum, das im Verlauf von Jahrmillionen und Jahrmilliarden Galaxien bilden, vielleicht sogar ein neues Multiversum entstehen lassen könnte? Eines, das nicht von Kosmonukleotiden und den vom Zwiebelschalenmodell dargestellten Kräften und Mächten bestimmt wäre?

Eine atemberaubende Überlegung, in ihrer Größenordnung mehr als nur unanschaulich ...

Bislang kennen wir zwei Versuche, ein Thoregon zu schaffen. In beiden Fällen kam es zu einem Abkommen mit den Hohen Mächten, nach dem auf ein Ausdehnen des PULS verzichtet werden soll, während im Gegenzug zugesagt wurde, keinen Einfluß auf die jeweiligen Thoregon-Galaxien zu nehmen.

Mit dem Verschwinden der Superintelligenzen aus ihren Mächtigkeitsballungen ist aber der beunruhigende Effekt zu beobachten, daß sie das Machtvakuum hinterlassen haben. Was haben wir uns darunter vorzustellen? Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst zu klären, was es eigentlich mit der Mächtigkeitsballung einer Superintelligenz auf sich hat. Vereinfachend gesagt, handelt es sich um den Bereich jener mehr oder weniger zahlreichen Galaxien, die dem Einfluß der Superintelligenz unterstehen und gegenüber anderen Entitäten »abgegrenzt« und verteidigt werden – wie beispielsweise der Kampf ES gegen Seth-Apophis zeigte.

Weiterhin können wir folgende Aussagen als Quelle heranziehen: ... Eine Superintelligenz wird stets bemüht sein, ihre Mächtigkeitsballung zu stabilisieren und auszubauen. Dazu bedarf es unvorstellbarer geistiger Anstrengungen. Die Stabilisierung und der Ausbau einer Mächtigkeitsballung gelingen nur, wenn die positiven Kräfte in einem solchen Bereich vorherrschen ... (PR 1000).

Weiter: ... ES ist gezwungen, in seiner Mächtigkeitsballung eine stabile Aura aufzubauen, dazu ist Energie notwendig. Positive Energie! ... Positive energetische Substanz paranormaler Natur ... , die nötig ... [ist], die Mächtigkeitsballung positiv aufzuladen ... (PR 968).

Beschreitet eine Superintelligenz den »positiven Weg«, soll sie sich ab einem gewissen Punkt der »Aufladung« in eine Materiequelle verwandeln, bei negativer Entwicklung heißt das Ergebnis Materiesenke. So weit – so gut. Verschwindet nun die Superintelligenz aus ihrer Mächtigkeitsballung, nimmt sie offensichtlich diese aufgeladene Aura mit, so daß »Leere« zurückbleibt, quasi ein Niemandsland – und daß das Begehrlichkeiten wecken muß, braucht nicht zu verwundern. Dem Vorstoß von Entitäten und Kräften, die bis dato keine Chance hatten, ist somit Tür und Tor geöffnet.

In Segafrendo waren es die Mundänen und K’UHGAR, in den Thoregon-Galaxien der Gegenwart sind es, wie der Bericht Druu Katsiryas belegt, diverse Mächte, die noch nicht genau einzuordnen sind. Ob sich dahinter Superintelligenzen oder Entitäten hin zu einer solchen verbergen, muß vorerst offen bleiben – ausschließen läßt es sich andererseits keineswegs. Noch hat sich dauerhaft kein konkreter neuer Machtfaktor etabliert, aber das darf bei der vergleichsweise kurzen Zeit, die die Superintelligenzen fort sind, nicht verwundern.

Bezogen auf die Milchstraße stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die von Imperator Bostich und seinen Kristallimperialisten forcierte Krise zumindest indirekt von dem Machtvakuum begünstigt wird – weil das Gegengewicht der positiven Aura-Aufladung fehlt. Und zweitens, ob ein Geschöpf wie Morkhero Seelenquell ebenfalls genau aus diesem Grund aktiv werden konnte. Zu Optimismus gibt die Entwicklung ganz bestimmt keinen Anlaß, selbst wenn angenommen werden darf, daß die Superintelligenzen ihren Völkern zuzutrauen scheinen, die Krise zu überstehen ...

Rainer Castor