PERRY-RHODAN-Kommentar 2017


DIE GALAKTISCHE KRONE


Wichtige Warnung: Zuerst Roman lesen!

Schon die Begegnung Delorian Rhodans mit dem Pflanzenvater Arystes an sich ist extrem merkwürdig und verunsichernd, wird hier doch unter anderem die Carithülle überwunden, was nicht einmal einem Teleporter wie Gucky gelang. Daß Arystes in dem erst acht Tage alten Baby den »Anführer der Fremden« sieht, erscheint ebenso als Rätsel wie die beunruhigende »Vision«, daß das Ende der Galaktischen Krone quasi vorprogrammiert ist.

Sofern sich Arystes nicht täuscht, soll nämlich der Vernichtungsfeldzug der Mundänen noch 1141 Segaf oder etwa 100 Jahre andauern, dann folge eine Herrschaftszeit von 296.764 Segaf oder rund 26.000 Jahren, und schließlich übernehme eine Superintelliganz namens K’UHGAR die Macht ...

Eine Bewertung dieser Dinge muß wohl aufgeschoben werden – auch mit Blick auf Fragen nach Determination versus Willensfreiheit, wie sie stets mit Zeitreisen und deren möglichen Paradoxien verbunden sind. Gleiches betrifft die irritierende Information, daß es sich bei dem gesuchten Kym-Jorier um angeblich ausgestorbene Tiere handelt, nämlich Schmetterlinge, wie sie einst bei den Pflanzenvätern lebten. Inwieweit der Ableger Arystes im weiteren Verlauf beim Auftrag der SOL helfen kann, muß ebenfalls offen bleiben, denn weiterhin fehlen die maßgeblichen Puzzleteilchen.

Bevor wir uns in haltlosen Spekulationen und einem Wust von Fragen verlieren, sollten wir deshalb zusammenfassen, was an wirklich gesicherten Daten zur Verfügung steht.

Bezogen auf die Relativgegenwart der SOL ist der kugelförmige Gigant von Segafrendo als Mächtigkeitsballung von ESTARTU anzusehen. Der Durchmesser von 270.000 Lichtjahren und rund 5 Billionen Sonnenmassen ergeben hierbei einem Wert, der etwa dem 25fachen der heimatlichen Milchstraße gleichgesetzt werden kann.

Als diese Galaxis zu Beginn des 35. Jahrhunderts unter der Bezeichnung Hazel 14 in die Sternkataloge aufgenommen wurde, war damit die Beobachtung verbunden, daß sie Bestandteil eines größeren Galaxienhaufens mit annähernd 2000 Mitgliedern ist, welcher als Hazel-Cluster ein Volumen von etwa zehn Millionen Lichtjahren Durchmesser einnimmt – dem Virgo-Cluster mit M 87 alias Druithora und der Mächtigkeitsballung ESTARTUS der Gegenwart durchaus vergleichbar.

Hazel 14 oder Segafrendo befindet sich hierbei nahe dem Cluster-Zentrum, so daß ihr der Status einer sogenannten cD-Galaxis zugeordnet wurde: Mehr als die Hälfte der beobachteten cD-Galaxien verfügen über Mehrfachkerne, so daß bei ihnen von Einfangprozessen ausgegangen wird, in deren Verlauf zwei oder mehr Galaxien zu gemeinsamen Systemen verschmelzen und nur die Zentralgebiete wegen ihrer hohen Sternkonzentrationen erhalten bleiben. Im Ergebnis erklärt sich somit die beachtliche Masse und Größe dieser Galaxien – und es braucht demnach auch nicht zu verwundern, daß in Segafrendo eine »Kesselzone« wie Hesp Graken vorhanden ist, die als Ausgangsbedingung für einen PULS anzusehen ist.

Ob zur Mächtigkeitsballung der verschollenen Patronin der Galaktischen Krone ursprünglich weitere Galaxien des Hazel-Clusters gehörten, kann zur Zeit nicht gesagt werden. Bis zum Ausbruch des 1000jährigen Krieges gegen die Mundänen jedenfalls war in Segafrendo das von ESTARTU eingerichtete System der Galaktischen Krone prägend: Die Superintelligenz nahm den obersten Rang ein, gefolgt von Pflanzenintelligenzen, die als Pflanzenväter die höchsten moralischen Instanzen waren, ausgestattet mit mythisch erscheinenden paranormalen Kräften.

Führendes Volk der Galaktischen Krone war das der Tharoidoner, während die Serimer und ihre umweltangepaßten Abkömmlinge als das bevölkerungsreichste anzusehen sind. An der Spitze der Kronen-Völker stand der Prinzipal, gewählt vom in unregelmäßigen Abständen einberufenen Konvent, der ursprünglich auf der Zentralwelt Jonello Voo IV tagte und damals Kronen-Konvent genannt wurde. Als gewählte Oberhäupter der Sonnensysteme fungierten die weiblichen Kronefin oder männlichen Kronefen, denen wiederum die weiblichen Verwysin oder männlichen Verwysen zur Seite stehen – entweder als Gouverneure einzelner Planeten oder als Mitglieder der Regierung.

Im Verlauf der Krieges wurden Tausende Welten von den Mundänen überfallen, in die Steinzeit zurückgebombt oder gar vernichtet. Vor allem betroffen waren hierbei die wichtigsten Zentren der Galaktischen Krone; Zentral- und Industriewelten, Flottenstützpunkte und dergleichen, so daß zur Relativgegenwart der SOL fast nur noch nachgeordnete Systeme existieren. So ist beispielsweise im Vergleich zum Versammlungssaal von Jonello Voo IV – ausgelegt für viele Millionen Repräsentanten! – das Konvent-Domizil des Orllyndischen Forums nur ein schwacher Abklatsch; die provisorische Zentralwelt Orllyndie übernahm diese Funktion, nachdem Jonello Voo IV untergegangen war.

Ebenfalls vernichtet wurden neben dem Ursprungsplaneten der Tharoidoner, Tharoido, auch die Verteidigungszentrale Tytoa Ramos und die Welt Brahabans – mit denen die machtvollen Sphärenrosen der Kronenkrieger verbunden wurden.

Eigentlich wäre die schiere Größe dieser Galaxis ein Vorteil – in dem gewaltigen Volumen versickern selbst Millionenflotten der Aggressoren, wird doch von gut und gern 500 Millionen bewohnbaren und etwa fünf Millionen tatsächlich besiedelten Planeten ausgegangen, deren Gesamtbevölkerung durchaus mit 2,5 Billiarden angegeben werden kann. Vor diesem Hintergrund hätte La-Pharokes Plan der »geordneten Dislokation« als totale Dezentralisation einer Operation Samenflug sicher Aussicht auf Erfolg – wäre da nicht die Mentalität vor allem der Tharoidoner, die seit dem Untergang der Kronenkrieger eher noch mehr die Augen vor der Bedrohung verschlossen haben, nicht zuletzt wegen des senilen Prinzipals Zeiban Vit-Terous an ihrer Spitze ...

Rainer Castor