Es sieht ganz so aus, als würden wir mit den Dienern der Materie und ihrer exponierten Stellung eine neue Qualitätsstufe im Reigen der Kosmokraten-Beauftragten kennenlernen: Deutlich stärker als jeder Supermutant, andererseits aber klar unterhalb dem Status einer Superintelligenz angesiedelt, verfügen die Kommandanten der Kosmischen Fabriken über ein Macht- und Bewußtseinspotential sowie eine Weisungsbefugnis, welche klar über die Kompetenz der Mächtigen, der Ritter der Tiefe, der »Roboter« oder der kleinen Hominiden hinausreicht.
Die Diener der Materie sind als Befehlshaber (»Generäle«?) angesehen, da von ihnen der Einsatz der Sporenschiffe und Schwärme (!) ausgeht und über sie der Kontakt zu anderen Helfern der Kosmokraten stattfindet. Ihre Handlungsgrundlage beruht weniger auf präzisen Einzelanweisungen als vielmehr auf einer allgemein gehaltenen Direktive, so daß notwendige Detailmaßnahmen selbständig in die Wege zu leiten sind.
Das jedoch schließt, angesichts der langen »Dienstzeit«, die Gefahr von »Exzentrizität« – höflich formuliert – fast zwangsläufig ein ... Shabazzas Vermutung, daß Torr Samaho zumindest bis zu einem gewissen Grad ein »eigenes Süppchen köchelt«, bestätigt sich also nachträglich!
Maßgeblicher Faktor hierbei ist, daß Torr Samaho & Co. an den »materiell manifestierten Bereich« des Kosmos gebunden sind – ihnen bleiben die Kosmonukleotide ebenso verschlossen wie parallele Abschnitte des Multiversums oder der Bereich jenseits der Materiequellen. Also ein echtes Handicap, das sie in der Tat zu Dienern der Materie macht.
Eine, wenn nicht die Hauptaufgabe der Kosmischen Fabriken ist das Sammeln des Ultimaten Stoffes. Dieser kann nur im vierdimensionalen Bereich des Multiversums gewonnen und konserviert werden und wird zum Großteil in den Bereich jenseits der Materiequellen transportiert. Es ist also sicher nicht zu weit hergeholt, wenn wir annehmen, daß er für die Kosmokraten eine besondere, vielleicht sogar »lebenswichtige« Funktion besitzt.
Weiterhin wird in den Direktiven die von Thoregon ausgehende Gefahr besonders betont, dessen Entstehung in jedem Fall verhindert werden soll.
Hängt das eine mit dem anderen zusammen? Spielen bei Thoregon Aspekte hinein, die mit dem Ultimaten Stoff, seiner Gewinnung und Konservierung in Verbindung stehen? Etwas, daß eben diese Beschaffung des Ultimaten Stoffes erschwert oder gar verhindert? Dinge, die mit den absonderlichen Zuständen jenseits des Proto-Tors oder dem Kessel von DaGlausch zu tun haben? Beides ist mit Thoregon verbunden, wie nicht zuletzt Shabazzas Aktivitäten in dieser Doppelgalaxis und seine fehlgeschlagenen Versuche beim Vordringen in den Kessel zeigten ...
Das wäre dann in der Tat eine Gefahr, die die Kosmokraten und ihre Helfer unweigerlich auf den Plan rufen muß und ihr erbittertes Vorgehen erklären würde – denn daß der Ultimate Stoff für die Kosmokraten von besonderer Bedeutung ist, haben wir schon festgestellt.
Und Torr Samaho und seine Brüder? Insgesamt neun mehr oder weniger absonderliche Wesen fungieren als Kommandanten von neun Kosmischen Fabriken. Daß es nicht die einzigen Fabriken sind, macht die Umwandlung des Ersten Cairol in eben jener Namenlosen in Erranternohre deutlich, die schon in anderem Zusammenhang erwähnt wurde *: In ihr entstanden die sieben Mächtigen, hier wurde Samkar zum Roboter transformiert – und von ihr stammt letztlich auch Cairols Nachfolger, Cairol der Zweite. Sogar das der Ebene Laires gleichende Plateau scheint mit der Galaxis Erranternohre verbunden zu sein ...
* vgl. PRC 1987: Auch hier eine Abweichung zwischen Expo- und Romantext; dennoch sollte davon ausgegangen werden, daß die Roboter der »Cairol-Serie« ursprünglich wie Samakar und Laire ebenfalls Lebewesen waren...
Erranternohre? Bei dieser Galaxis handelt es sich um eine kugelförmige Sternansammlung von 180.000 Lichtjahren Durchmesser, 43 Millionen Lichtjahre von Terra entfernt, von der ein weißer energetischer Jetstrahl 200.000 Lichtjahre vom Zentrum aus in den intergalaktischen Leerraum exakt auf die Milchstraße weist. Sie ist überdies nicht nur »Standort« einer Materiequelle (welche, nebenbei, seinerzeit zur Abwehr der Sporengefahr der PAN-THAU-RA manipuliert wurde und unter anderem die Weltraumbeben erzeugte!), sondern auch der einer Materiesenke.
Und in dieser war ES im Herbst 3587 zeitweise gefangen!
Schließen sich hier somit gleich mehrere Kreise?
Es wird gesagt, daß sich in der Zeit, da anstelle von Torr Samaho Cairol der Zweite MATERIA hauptsächlich befehligt, die Anzeichen für die Thoregon-Entstehung mehren. Wurde ES demnach auf Cairols Initiative hin in die Materiesenke gelockt – als erster Schlag gegen diese Superintelligenz gewissermaßen?
Andererseits strebte damals der Kampf gegen Seth-Apophis dem Endstadium entgegen – ES war also, aus heutiger Sicht, in einen »Mehrfrontenkrieg« verwickelt! Neben der direkten Bedrohung seiner Mächtigkeitsballung durch eine negative Superintelligenz liefen die Vorbereitungen zum Konstituierenden Jahr. Ist es da ein Wunder, daß ES Perry Rhodan zunächst in die Abwehr von Seth-Apophis einband, ohne das langfristige Ziel aus den Augen zu verlieren ...?
Viele Fragen – sicher ist, daß wir uns nicht das letztemal mit diesen langfristigen, höchst komplexen Dingen beschäftigt haben!
Apropos 1988: Bei einer Flugshow auf dem US-Stützpunkt Ramstein kommt es zur Kollision von drei Maschinen der Kunstflugstaffel »Frecce Tricolori« – 39 Menschen sterben, 345 werden zum Teil schwer verletzt; bei einem Erdbeben im Kaukasus kommen mehr als 50.000 Menschen ums Leben; Steffi Graf gewinnt als dritte Spielerin der Tennis-Geschichte den »Grand-Slam« und wird überdies noch Olympiasiegerin; das »Gladbecker Geiseldrama« entwickelt sich zu einem makabren Medienspektakel, eine der Geiseln stirbt beim Zugriff der Polizei; Film des Jahres ist »Rain Man«; es sterben: Kurt Georg Kiesinger, Franz Josef Strauß und Gert Fröbe.
Rainer Castor