Wenn die Realität des echten Lebens in den fiktiven PERRY RHODAN-Kosmos vorstößt, dann leider in den letzten Jahren mit bedrückender Wucht: so auch dieses Mal - wobei schon die Formulierung Echtes Leben in diesem Zusammenhang einen verdammt makabren Unterton besitzt.
Mir jedenfalls ist der Anruf von Klaus N. Frick am 9. Dezember 1998 ziemlich auf den Magen geschlagen. Wie Klaus sich dabei gefühlt hat, will ich mir gar nicht vor Augen führen, hatte er doch als Redakteur die schreckliche Aufgabe, quasi im gleichen Atemzug zuerst die Nachricht von Wolfpeter Ritters Tod mitzuteilen - Euch Fans besser als Peter Terrid bekannt -, um dann zu fragen, ob ich den PERRY RHODAN-Computer weiterführen könne ...
Ich sagte »Ja«, obwohl oder gerade weil mir tausend Gedanken durch den Kopf schossen, die in ihrer Summe dennoch eher für Leere standen, für Verlust, das nur zögerlich einsetzende Begreifen (sofern das überhaupt möglich ist) und Trauer. Ein Ja auch, weil es weitergehen soll, muß, nicht zuletzt, weil das - wie ich denke - genau in Peters Sinn ist.
In den letzten Jahren hatte ich Gelegenheit, über den Autor Peter Terrid hinaus auch den Menschen Wolfpeter Ritter ein bißchen besser kennenzulernen. Von Freundschaft zu sprechen, wäre sicher zuviel; dafür waren unsere Kontakte via Brief, Telefon, E-Mail, bei den persönlichen Treffen auf Cons oder privat in Köln-Porz zu sporadisch. Aber wir hatten schnell festgestellt, daß wir, wie man so schön sagt, auf »gleicher Wellenlänge« lagen, so daß zum gegenseitigen Respekt vor der Arbeit des Kollegen die persönliche Sympathie hinzukam.
Mit hineingespielt hat hier bestimmt die Tatsache, daß wir beide als »Kneifel-Schüler« gelten, und ich, um einige Jahre jünger als Wolfpeter, durch seine Romane in meinem Schreiben durchaus gepragt wurde: nicht nur durch die, die im Rahmen von ATLAN, PERRY RHODAN, MYTHOR und anderen veröffentlicht wurden und alle im für mich unverkennbaren Terrid-Stil mit reichlich Wortwitz und den stets interessanten »belehrenden Passagen geschrieben waren, sondern auch und vor allem durch die unvergessenen, im Rahmen der TERRA ASTRA-Reihe erschienenen der »Time-Squad«.
Während ich bei unseren ersten näheren Kontakten meine immer noch uneingeschränkte Begeisterung für diese eigenständige Reihe zum Ausdruck brachte - heute würde man wohl »Mini-Serie dazu sagen -, gab Wolfpeter das Kompliment auf die ihm eigene ironische Art zurück: »Während unsereiner davon träumt, endlich mal ein richtiges Buch zu schreiben, um auch mal Druckfahnen gegenlesen zu dörfen, kommt diese junge Schnösel daher und legt so einfach seinen Blutvogt vor ...«
Leider war es Wolfpeter nicht vergönnt, seinen Wunsch umzusetzen - obwohl ich nicht der Auffassung bin, daß das Schreiben von »Heften« eine geringere Leistung ist, ganz im Gegenteil! Die sogenannte höhere Literatur wäre mitunter froh, so viele Leserinnen und Leser zu erreichen, die dann für ein, zwei Stunden abschalten, in eine andere Welt vordringen und sich von der Phantasie eines Wolfpeter Ritters davontragen lassen.
In diesem Sinne, Wolfpeter, wo immer du jetzt auch bist, mir beim Schreiben dieser Zeilen vielleicht sogar über die Schulter blickst: Du hast viel geleistet, und das bleibt unvergessen - da bedarf es keines richtigen Buches (welches mit »Jadegöttin« und dem Space-Thriller »Eine Welt für Mörder« eigentlich doch vorliegt)!!
Vor diesem Hintergrund ist es nun um so schwerer für mich, bei der Gestaltung des PERRY RHODAN-Computers in Wolfpeters Fußstapfen zu treten! Genau wie Kurt Mahr und Peter Griese zuvor hat er ihm mit der Zeit seinen ganz persönlichen Stempel aufgedrückt; eine Prägung mit Ironie und Selbstironie, immensem Wissen und ganz speziellen überlegungen zu den Einzelthemen, inhaltlich mitunter kontrovers, aber das gehört ebenfalls dazu.
Schon aus diesem Grund kann und darf es nicht nur ein bloßes Weitermachen geben, und ich muß, genau wie meine Vorgänger, »eine persönliche Note« zu entwickeln versuchen. Das wird etwas dauern, weil nicht von heute auf morgen umzusetzen. Ich hoffe, Ihr, die Leserinnen und Leser, habt Verständnis dafür, daß es am Anfang vielleicht ein bißchen holpert oder daß ich zum Teil andere Schwerpunkte als meine Vorgänger beleuchten werde.
Von Anfang an gilt allerdings: Spart nicht mit Kritik, Anregungen und Tips - wo und wann immer es geht, werde ich sie aufgreifen, versprochen.
Ungeachtet möglicher Änderungen: Eine Sparte von Wolfpeters PERRY RHODAN-Computer werde ich allerdings fortführen, deshalb:
Apropos 1959: Der sowjetische Satellit LUNIK fliegt in 7500 Kilometern Distanz am Mond vorbei; Alfred Hitchcocks »Vertigo - Aus dem Reich der Toten« kommt in deutsche Kinos; die Affchen Abel und Baker erleben mit einer amerikanischen Jupiter-Rakete einen 15minütigen Ausflug ins All bis in eine Höhe von 500 Kilometern; LUNIK III macht Aufnahmen von der Mondrückseite; der Antikriegsfilm Die Brücke von Bernhard Wicki wird uraufgeführt; die Amerikaner Owen Chamberlain und Emilio Segro teilen sich den Physiknobelpreis für die Entdeckung des Antiprotons; am 15. Oktober meldet sich in der Bundesrepublik der dreimillionste Fernsehteilnehmer an.
Rainer Castor